Der FC St. Pauli stellt sich im Wettskandal vor seine Spieler Bruns, Gunesch und Rothenbach. Trainer Stanislawski hielt eine Wutrede.

Hamburg. "Herzlich willkommen, meine Damen und Herren. Der FC St. Pauli versinkt nicht im Wettsumpf. Spieler des aktuellen Kaders sind nicht in Wett- oder Spielmanipulationen in irgendeiner Form verstrickt." Mit einer wie in Stein gemeißelten Feststellung, die Gernot Stenger gestern gleich zur Begrüßung im gut gefüllten Pressekonferenzraum wählte, widersprach St. Paulis Vizepräsident ganz bewusst einigen Mediendarstellungen der vergangenen Tage. Nach zahlreichen Gerüchten, Berichten und Anschuldigungen im Fußball-Wettskandal ist der Bundesliga-Aufsteiger in die Offensive gegangen und den Urhebern der Manipulationsvorwürfe mit fachlicher Expertise des Juristen Stenger und einem emotionalen Auftritt von Trainer Holger Stanislawski energisch entgegengetreten.

"Sollte es Möglichkeiten geben, rechtlich vorgehen zu können, dann werden wir zuschlagen", drohte Stenger. "Es ist jetzt mal an der Zeit, diesen Leuten den Kampf anzusagen. Wir haben keine Lust mehr, uns ständig zu diesen Sachen äußern zu müssen. Unsere Spieler werden wir bedingungslos schützen. Und das sage ich auch an die Leute, die da in irgendwelchen Zellen sitzen", verdeutlichte Stanislawski.

Anlass für die bemerkenswert deutliche Attacke war der am Montag ausgestrahlte Bericht des ARD-TV-Magazins "Fakt", dem allein Behauptungen Angeschuldigter ausreichten, um die Feststellung zu treffen, St. Pauli rutsche immer tiefer in den Wettskandal. Zudem hatten einer oder mehrere der Verdächtigen um den Wettpaten Mario Cvrtak drei Spieler des aktuellen Kaders in Zusammenhang mit den Manipulationen gestellt: Florian Bruns, Ralph Gunesch und Carsten Rothenbach. Mit der Veröffentlichung der Namen entsprach der Verein nun dem Wunsch der Profis, die Mitte Januar von den Ermittlern als Zeugen vernommen worden waren, in welchem Verhältnis sie zu dem geständigen Rene Schnitzler stünden. Der ehemalige Profi des FC St. Pauli hatte im Januar zugegeben, von Wettbetrügern Gelder im fünfstelligen Bereich erhalten zu haben, um Spiele mit Beteiligung der Hamburger zu manipulieren, ohne dabei die entsprechende Gegenleistung erbracht zu haben.

"Es gibt immer schwarze Schafe", weiß Stanislawski, der sich demonstrativ vor das Trio und auch Torhüter Mathias Hain, dem in der angeblich manipulierten Partie am 19. Oktober 2008 beim FC Augsburg ein spielentscheidender Fehler unterlaufen war, stellte: "aber diese Jungs mit Sicherheit nicht. Da wird einem Wettpaten Gehör geschenkt, der wahllos irgendwelche Namen raushaut. Da schwillt mir der Kamm", so Stanislawski, der während seiner Wutrede sichtlich Mühe hatte, gefasst zu bleiben: "Stellen Sie sich das doch mal vor. Irgendein Krimineller aus irgendeinem Kellerloch erwähnt Ihren Namen, sodass man auf einmal in eine Geschichte involviert ist, bei der man das Gefühl hat, man stünde in einer Bringschuld, seine Unschuld beweisen zu müssen. Ich verbürge mich und habe absolutes Vertrauen in diese Spieler. Für sie würde ich meine Hand ins Feuer legen. Wir gehen den Weg zusammen, durch dick und dünn. Alle. Als Klub."

Etwa 16 000 Seiten umfassen die Akten der ermittelnden Staatsanwaltschaft Bochum, wie Stenger berichtete. Rund 300 Namen seien im Zusammenhang mit Manipulationen gefallen, sagte Stanislawski. Fest stehe laut St. Paulis Sportchef Helmut Schulte allerdings nur eines: "Wir wissen mit Sicherheit, dass ein Spiel verschoben worden ist. Das Spiel HSV gegen St. Pauli, und wir wissen bis heute nicht, wohin."