Initiative und Sportchef mit Aufrufen zum Rückrundenauftakt

Hamburg. Es gibt Workshops, im Internet finden sich Bastelanleitungen, Farbe wird besorgt. Im Stadtteil St. Pauli wird momentan fleißig gefärbt, gedruckt und gemalt. Morgen, 18 Uhr, findet im Gängeviertel ein gemeinsames Fahnenbasteln statt. Heute trifft man sich auch in Berlin (20 Uhr, Astra Stube Neukölln) zum "Basteln für den Widerstand". Ob auf Flyern, Bannern, T-Shirts, Jacken oder Fahnen - das Motiv ist immer das gleiche: der Jolly Rouge, ein schwarzer Totenkopf auf rotem Hintergrund. Die Fans machen mobil, um am Sonnabend im Heimspiel gegen Freiburg Farbe zu bekennen: Braun-weiß wird rot-schwarz.

Etwa 20 000-mal wurde das abgeänderte Klubsymbol nun schon auf Stoff oder Papier produziert, um einer Aktion optisch Ausdruck zu verleihen, die kurz vor Weihnachten im Internet ihren Anfang nahm. Seit die Sozialromantiker-Faninitiative mit ihrer Petition "Es reicht!" gegen das Präsidium des FC St. Pauli, Vermarktung und Verhalten aufbegehrte (Abendblatt berichtete), haben sich mehr als 3600 Fans solidarisiert. Die farbenfrohe Aktion solle verdeutlichen, "wie viele wir sind". Die Initiative hatte bei Nichtbeachtung ihrer Forderungen bereits mit dem Einberufen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung gedroht.

Einen zweiten Aufruf gibt es von Vereinsseite. Helmut Schulte nimmt in der Stadionzeitung Bezug auf die Petition und die Verärgerung zahlreicher Fans über die Besucher der neuen Haupttribüne. Der Sportchef schreibt von einem ständigen "Drahtseilakt zwischen Kommerz und Kultur. Da ist es kaum möglich, für jede einzelne Marketingmaßnahme mit dem Beifall aller belohnt zu werden. Der sportliche Erfolg darf durch nichts gefährdet werden, schon gar nicht durch interne Zerrissenheit. Wo Zwietracht droht, muss sie durch wechselseitige Toleranz und Kompromissfähigkeit überwunden werden - gerade jetzt, da wir vor extrem wichtigen, vielleicht entscheidenden Bundesligaspielen stehen! Eine Kluft zwischen verschiedenen Lagern wäre tödlich. Wenn unsere Jungs um überlebenswichtige Punkte kämpfen, müssen alle zusammenstehen, egal welcher Überzeugung sie sind, ob sie lieber sitzen oder stehen, ob sie ein Astra trinken oder vorzugsweise Prosecco."