“Wir sind St. Pauli, was seid ihr?“, skandierten die Fans der Kiezkicker, nachdem Anhänger auf der Haupttribüne zu früh die Plätze verließen.

Hamburg. Die grundsätzliche Abneigung gegenüber dem Erzrivalen aus dem Volkspark gehört zur gemeinsamen Basis in der vielschichtigen Anhängerschaft des FC St. Pauli. Ein Schmähgesang nach dem Motto "Ihr seid scheiße wie der HSV" darf daher als Ausdruck tiefer Abscheu aufgefasst werden, die normalerweise nur gegnerische Mannschaften auf sich ziehen können. Am Sonnabend war das anders, denn da schallten jene deutlichen Worte ausgehend von der Südtribüne durch das Millerntor-Stadion, und gemeint waren nicht die Gäste aus Mainz, sondern vermeintlich gleichgesinnte Fans des Kiezklubs auf der Haupttribüne.

Diese verließen geradezu in Scharen das Stadion, nachdem die Rheinhessen mit dem 4:2 in der 83. Minute für die Entscheidung gesorgt hatten. "Wir sind St. Pauli, was seid ihr?", skandierten daraufhin auch viele Fans auf der Gegengeraden in Richtung des Neubaus, der hauptsächlich mit Plätzen für besser Betuchte bestückt ist. 220 Euro pro Partie kosten die sogenannten Business-Seats, die neben dem Genuss des Fußballspiels auch Annehmlichkeiten wie den Zugang zum Ballsaal genannten VIP-Bereich samt umfangreichem Speisenangebot vom Büfett und freie Getränke versprechen. Dass einige der finanzkräftigen Stadionbesucher davon auch gern in den Minuten vor und nach der Halbzeit Gebrauch machen, hatte schon in den vergangenen Heimspielen für Unmut gesorgt.

Die Art und Weise wie dieser nun allerdings gegen Ende der Partie gegen Mainz vorgetragen wurde, bedeutet eine Verschärfung des Fankonflikts am Millerntor. "Es ist seit Jahrzehnten ein ungeschriebenes Gesetz bei uns, dass man das Stadion nicht vor Ende des Spiels verlässt", sagt der Sicherheitsbeauftragte Sven Brux. "Dass Besucher nun vorzeitig gehen, bestätigt die Leute in ihrer Meinung über die neue Klientel am Millerntor." Erfolgsfans und Event-Publikum sind zwei Schlagworte, die in diesem Zusammenhang immer wieder genannt werden.

Konflikte gibt es am Millerntor aber weiterhin nicht nur zwischen den "normalen" Fans und den VIPs, sondern auch in den Reihen derer, die St. Pauli aktiv zum Sieg treiben wollen. Auch gegen Mainz schrien wieder Fans, die auf Spielverlaufs abhängige Unterstützung setzen, gegen den monotonen Dauergesang der Ultra Sankt Pauli auf der Südtribüne an. Stimmungsvoll ging es dagegen vor der Partie zu, als im ganzen Stadion Wunderkerzen leuchteten, sowie nach dem Anschlusstreffer zum 2:3, als die Fans auf allen Tribünen das Team noch einmal vorantrieben. So, wie man es am Millerntor gewöhnt war.