St. Paulis Routinier Mathias Hain spricht über seine Rückkehr ins Tor des Erstligisten und Erfahrungen mit Transfers in der Winterpause.

Hamburg. Mathias Hain vergeudete keine Zeit. Nach dem Vormittagstraining und dem anschließenden Interview mit dem Abendblatt wollte der Torhüter des FC St. Pauli gestern schnell ans Millerntor, um gemeinsam mit drei Teamkollegen Essen an obdachlose Menschen auszugeben.

Abendblatt:

Herr Hain, als Sie am Sonnabend beim Spiel gegen den FC Bayern nach der Roten Karte gegen Thomas Kessler ins Tor sollten, schienen Sie jede Zeit der Welt zu haben. War das Taktik?

Mathias Hain:

Das hat doch gar nicht so lange gedauert. Wenn ich halb fertig auf den Platz gehe, schickt mich der Schiedsrichter ja auch wieder runter. Es hatte jedenfalls nichts damit zu tun, dass Philipp Lahm vor dem Elfmeter auf mich warten sollte. Ich musste mich einfach anziehen, und da lasse ich mich nicht stressen. Ohne mich konnte es ja schließlich auch nicht weitergehen.

Ihre letzte Bundesliga-Partie hatten Sie am zweiten Spieltag absolviert, jetzt mussten Sie einen Kaltstart machen. Kommt man da sofort wieder rein?

Hain:

Bei mir ist das so. Ich trainiere ja, damit ich spiele. Außerdem bin ich auch auf der Bank schon gedanklich im Spiel, gucke, wie sich Kessler verhält, wenn er im Tor steht. In der Halbzeitpause oder am Spielende bekommt er dann ein Feedback.

Ihr Engagement als Förderer der nachrückenden Torhütergeneration ehrt Sie. Andererseits gelten Sie als extrem ehrgeizig, wollen selbst spielen. Wie schwierig waren die vergangenen Wochen auf der Ersatzbank?

Hain:

Schwierig ist vielleicht nicht das richtige Wort. Unsere Position ist speziell. Als Torhüter weißt du, dass sich, wenn du nicht spielst, daran so schnell nichts ändert, wenn es gut läuft. Es sei denn, es passiert etwas Außergewöhnliches. Es ist klar, dass ich immer spielen will, aber wenn der Trainer entscheidet, dass man auf der Bank sitzt, hat man sich von seiner neuen Position aus einzubringen. Das habe ich getan.

Warum haben Sie nicht öffentlich Ihr Anrecht auf den Status als Nummer eins eingefordert?

Hain:

Man muss mit sich selbst ausmachen, ob man einen Egotrip durchziehen möchte oder nicht. Wenn ja, ist man meiner Meinung nach im Mannschaftssport falsch. Wir hatten eine Situation, die sich leider gegen mich entwickelt hat, und das muss man dann akzeptieren. Ich bin jetzt rund 20 Jahre Profi, und wenn ich in einer solchen Position war wie zuletzt, habe ich eigentlich immer mehr gearbeitet und darauf gehofft, dass ich die Chance bekomme.

Trainer Holger Stanislawski sagt, dass er sich um die Torhüterposition die wenigsten Gedanken machen müsse. Im Angriff hat er dagegen derzeit ein echtes Problem. Nehmen Sie sich auch mal einen Stürmer wie Marius Ebbers zur Seite, der ähnlich erfahren ist wie Sie?

Hain:

Natürlich sprechen wir miteinander, und wenn ich eine Hilfestellung geben kann, tue ich das auch. Ich bin aber grundsätzlich der Meinung, dass gar wir kein Problem im Sturm haben. Tore zu schießen ist jedem erlaubt, Wir geben aber einfach zu wenig Schüsse ab. Außerdem kommen zu wenig Flanken in den Sechzehner. Das ist verbesserungswürdig. Wichtig ist, dass sich die Jungs nicht beirren lassen, auch nicht von Noten in der Zeitung.

Dennoch mehren sich die Stimmen, dass Verstärkungen im Winter notwendig sind. Wie sind Ihre Erfahrungen damit?

Hain:

Nicht die Besten. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, In Bielefeld hatten wir damals mit Isaac Boakye zum Beispiel richtig Glück. Der kam aus dem Nichts. Der größte Teil ist aber nicht so eingeschlagen, wie man es sich gewünscht hat. Wenn du im Winter etwas nachholen musst, hast du auch im Sommer etwas falsch gemacht. Es sei denn, es gibt gravierende personelle Probleme. Die Frage ist auch, was jetzt auf dem Markt ist. Ich glaube nicht, dass Spieler, die irgendwo aussortiert werden, hier weiterhelfen. Wenn man nicht jemand wirklich Außergewöhnlichen holen kann, würde ich die Finger davon lassen.

Sie würden also ruhigen Gewissens mit dem aktuellen Kader weitermachen?

Hain:

Diese Mannschaft hat mehr als genug Qualität, um das zu erreichen, was wir uns alle vorgenommen haben, nämlich uns für das nächste Jahr in der Bundesliga zu qualifizieren. Ich finde es wichtig, dass man die Ruhe bewahrt und das entsprechend auch nach außen demonstriert. Wenn sich dann doch etwas auftut, an dem man nicht vorbeikommt, kann man immer noch tätig werden. Bei uns ist jeder Spieler, der besser ist als wir, willkommen.