Ralf Sievers traf 1991 zum einzigen Auswärtssieg des FC St. Pauli beim FC Bayern München und wünscht sich Max Kruse als Nachfolger.

Hamburg. Natürlich habe er gewusst, dass in diesen Tagen die Nachfragen kommen würden. Wie es damals so war, an jenem 2. März 1991. Wie er das Spiel angegangen sei, wie er das Tor erlebt habe und wie der Sieg gefeiert wurde. "Ich sah, dass Ivo lange mit der Pille lief und hatte gehofft, dass er sie zu mir rüberpasst. Ich war in unserer Hälfte gestartet und bereits ziemlich lange unterwegs. Meine einzige Angst war, dass mir die Beine versagen", erinnert sich Ralf Sievers. Ivo Knofliceks Pass kam, seine Beine hielten durch, und Sievers schoss den Ball "mit letzter Kraft an Aumann vorbei ins lange Eck. Das weiß ich noch ganz genau." 1:0 für den FC St. Pauli . Es war das entscheidende Tor zum ersten und mindestens noch bis Sonnabend einzigen Auswärtssieg der Vereinsgeschichte beim FC Bayern München.

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In vier Tagen (15.30 Uhr) treffen die beiden Klubs in München erneut aufeinander. Für den Industriekaufmann ein besonderer Tag, den er aus familiären Gründen allerdings zu Hause in Lüneburg verbringt. "Wir haben bei uns in der Firma einige Bauleiter, die St.-Pauli-Fans sind. Es gab die Anfrage, ob ich am Sonnabend nicht zum Spiel nach München runterkommen wolle. Aber bei uns ist Geburtstagsfeier."

Während der 49-Jährige, der bis zum Sommer den Niedersachsenligisten Hansa Lüneburg gecoacht hatte und in der Rückrunde Ligakonkurrent Teutonia Uelzen als Trainer übernimmt, das Spiel am heimischen Fernseher verfolgt, ist ein anderer Spieler von damals auch am Sonnabend live im Stadion dabei: André Trulsen. "Ein Spiel gegen die Bayern ist immer etwas Besonderes, und ein Sieg außergewöhnlich. Aber dazu braucht es 110 Prozent. Nur wenn du einen sehr guten Tag erwischst und die Bayern gleichzeitig einen nicht so guten haben, dann kannst du sie tatsächlich schlagen. Wir werden es am Sonnabend jedenfalls versuchen", sagt der Co-Trainer, "so wie damals, als Colt das 1:0 machte. Das war eine Riesensache."

Es war der Start in die Rückrunde, die Bayern waren Tabellenzweiter hinter Werder Bremen und St. Pauli hatte auf Relegationsplatz 16 rangierend kurzfristig den Trainer gewechselt. Auf Helmut Schulte folgte Horst Wohlers, der dank Sievers einen traumhaften Einstand erlebte. Der Schütze, der den Treffer als schönstes seiner zehn Bundesligatore (232 Spiele) für St. Pauli und Eintracht Frankfurt heraushebt, macht allerdings weder sich noch den Trainer für den historischen Erfolg verantwortlich: "Die Bayern haben gedrückt ohne Ende, erspielten sich zahlreiche Chancen. Aber Volker (Ippig, d. Red.) hat gehalten wie ein Teufel. Der hat uns das Ding gerettet und für die Sensation gesorgt. Da gab es dann anschließend auch mal zwei, drei Bierchen außerhalb der Reihe." Gibt es Sonnabend den zweiten Coup?

Denn auch wenn die Bayern nach dem 0:2 gegen Schalke 04 derzeit nur auf dem siebten Tabellenplatz liegen, wäre ein Sieg in München eine Überraschung. Zumal der Rekordmeister im heimischen Stadion zuletzt viermal in Folge als überlegener Sieger vom Platz ging. "Bayern ist sowieso noch mal eine Extra-Kategorie. Auf das Spiel haben wir uns schon direkt nach dem Aufstieg in Mai gefreut. Ein Sieg würde die bisherigen Bundesliga-Erlebnisse noch mal toppen", sagt Trulsen. Sievers pflichtet ihm bei: "Spiele gegen München sind immer gleich reizvoll, egal auf welchem Platz die stehen. Und die Allianz-Arena dürfte noch mal einen Zusatzschub an Motivation geben. Bei unserem Spiel damals waren ja nur 15 000 Zuschauer im Olympiastadion. Wenn die Mannschaft da jetzt gewinnt, hat sie etwas Wunderbares geschafft", so Sievers, der beim Wie an 1991 erinnert: "Das Maximum bringen, den Kampf annehmen, auf Konterchancen lauern." So wie damals, als er selbst St. Paulis einzige Möglichkeit zur Entscheidung verwertete.

Geschichte soll sich wiederholen. Sievers hält einen 1:0-Auswärtssieg durchaus für möglich und hat bereits einen Nachfolger parat: "Max Kruse. Ein Spieler, den ich sehr gerne sehe. Wenn ich es mir aussuchen könnte, dann soll der das Ding reindonnern." Trulsen hätte nichts dagegen, macht lediglich eine Einschränkung: "Damals haben wir da gewonnen und sind am Ende abgestiegen. Aber diesmal wollen wir in München gewinnen und in der Bundesliga bleiben." Damit Sievers auch in der nächsten Saison an seinen besonderen Tag erinnert wird - dann idealerweise ohne Überschneidungen von Geburtstagskalender und Spielplan.