Gegen Kaiserslautern steht St. Pauli morgen (20.30 Uhr, Liveticker auf abendblatt.de) unter Zugzwang. Es wäre der dritte Sieg im 25. Vergleich.

Hamburg. Es ging um viel, doch die Mannschaft versagte. "Die Spieler waren unerklärlich nervös", gestand Helmut Schulte und hob die Schultern. Es war der Abend des 2. Februar, und der Sportchef des FC St. Pauli hatte soeben ein ernüchterndes weil unerwartet einseitiges Spitzenspiel der Zweiten Liga erlebt. Mit 3:0 besiegte der 1. FC Kaiserslautern die Hamburger deutlich und untermauerte eindrucksvoll seine Aufstiegsambitionen.

Nun treffen sich die Kontrahenten wieder. Morgen (20.30 Uhr, Millerntor/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) eröffnen die Aufsteiger den 15. Spieltag der Bundesliga. Erneut unter Flutlicht, erneut stimmungsvoll, und wie an jenem Montag im Februar erneut unter besonderer Beobachtung. Es ist die einzige Partie des Tages. Und der Druck könnte kaum größer sein. Nach sechs sieglosen Spielen und nur einem von 18 möglichen Punkten ist St. Pauli in Zugzwang geraten. Ging es damals darum, mit dem Aufstieg 2010 etwas Unerwartetes und Positives zu erreichen, soll nun der Abstieg 2011 verhindert werden. Ein Kampf, der längst begonnen hat und dessen Ausgang, da sind sich Spieler wie Verantwortliche einig, unmittelbar mit den direkten Vergleichen gegen die Mitbewerber um die Plätze 15 und 16 zusammenhängt.

Klar ist: Die Euphorie, mit der die Konkurrenten aus Freiburg (3:1), Mönchengladbach (2:1), Hannover (1:0) und Nürnberg (3:2) bezwungen wurden, ist ebenso abgeflaut wie der Sturm, denSt. Pauli dreieinhalb Jahre lang in den gegnerischen Strafräumen entfacht hat. Allerdings besaßen die jüngsten Gegner auch ein anderes Kaliber. "Wir brauchen einen Bombentag, um diese Gegner schlagen zu können", hatte Mittelfeldspieler Florian Bruns vor drei Wochen einmal treffend gesagt. Mit Kaiserslautern dagegen wähnt man sich auf Augenhöhe. Ein vermeintlich schlagbarer Gegner, dessen Entwicklung zuletzt entgegengesetzt verlief: die Pfälzer holten zehn Punkte aus den vergangenen fünf Partien und erreichten beim fulminanten 5:0-Triumph über Schalke am vergangenen Wochenende ihren vorläufigen Saisonhöhepunkt. "Wir hatten in den letzten zweieinhalb Spielen einen richtigen Lauf", sagt Kaiserslauterns formstarker Mittelfeldspieler Ivo Ilicevic, "vorher sind wir zwar auch mal in Führung gegangen, aber erst jetzt sind wir tatsächlich konsequent. Wir haben den unbedingten Willen das Tor zu machen und holen das Optimale aus unseren Chancen heraus. Wir haben großes Selbstvertrauen, Überzeugung und den Glauben, immer gewinnen zu können. Das sind wichtige Faktoren." Selbstvertrauen, Konsequenz, optimale Chancenverwertung - die Ausgangslagen könnten kaum unterschiedlicher sein.

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Torhüter Mathias Hain, wahlweise als Motivator, Ruhepol und Wachmacher so etwas wie St. Paulis emotionales Zentrum, weiß um die Vorzeichen: "Selbstvertrauen spielt immer eine große Rolle. Fühlt man sich schlecht, fällt die nächste Aufgabe schwer, und es fehlt die Risikobereitschaft", sagt der 37-jährige Routinier, sieht die Negativserie aber nicht als Problem an: "Das wird erst eins, wenn man anfängt sich zu verstecken und keine Verantwortung übernehmen will. Auch nach Fehlern muss jeder in der Lage sein Verantwortung zu übernehmen. Da sehe ich kein Problem in der Mannschaft."

Und auch der Rückblick in die Historie könne keine Verunsicherung bewirken. In der vergangenen Saison wurden beide Partien gegen den späteren Meister verloren, insgesamt konnten die Braun-Weißen gerade mal zwei von insgesamt 24 Pflichtspielen für sich entscheiden. Den letzten Sieg in der Bundesliga gab es vor mehr als 20 Jahren. Doch Bangemachen gilt nicht, wie Trainer Holger Stanislawski seinen Spielern während der kurzen Trainingswoche versucht hat einzuimpfen. "Wir dürfen uns nicht verrückt machen lassen. Ich selbst habe mit Bielefeld nie etwas anderes erlebt als Abstiegskampf: Da heißt es Ruhe bewahren. Angst ist völlig fehl am Platz", sagt Hain.

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Ruhe, Souveränität, Selbstvertrauen. Elemente, mit denen man bereits die zum Aufstiegsgipfel hochgejazzte Partie im Februar für sich entscheiden wollte. Stattdessen lenkten Nervosität und Passivität das fehlerhafte Spiel der Hamburger. Morgen ist die Chance zur Wiedergutmachung. Gegen den Angstgegner kann ein Reifeprozess nachgewiesen werden.