Ein Kommentar von Lutz Wöckener

Die Verdienste des Corny Littmann sind unstrittig. Er hat den FC St. Pauli in schwierigen Zeiten als Präsident übernommen. Unter seiner Regie wurde der Verein saniert, sportlich wie wirtschaftlich wieder salonfähig gemacht. Zudem entstand das ersehnte Stadion. Eine Leistung, die höchste Anerkennung verdient und die qua Vereinssatzung eine Ehrenmitgliedschaft nach sich ziehen würde.

Doch Littmann wollte sich damit nicht zufriedengeben. Außergewöhnlich und einzigartig sollte die Art der Respektsbekundung sein. Littmann wählte mit dem Ehrenpräsidenten einen Titel, den es in seinem Klub gar nicht gibt - und beging einen alten Fehler. Wieder einmal hielt er sich nicht an Normen, handelte nach eigenem Gerechtigkeitsempfinden. Damit schaffte er es auch ein halbes Jahr nach seinem Rücktritt, die Diskussionen im Saal und im Foyer vor, während und nach der Versammlung zu beherrschen. In seiner Rede, die länger war als die des neuen Präsidenten Stefan Orth, erklärte er den St. Paulianern am Ende den Unterschied zwischen Abschied nehmen und Loslassen. Gestern im CCH wurde deutlich: Er hat Abschied genommen, zum Loslassen aber hätte er wohl den Titel benötigt, der ihm verwehrt blieb.

Corny Littmann war ein Segen für diesen Klub, das dürften auch seine größten Kritiker eingestehen. Allerdings hätte ihm bei aller Cleverness und Bauernschläue einen Schuss Klugheit gewünscht. Manchmal ist etwas Zeit nötig, um Verdienste und Verfehlungen zu erkennen. Zeit, die Littmann den Mitgliedern nicht ließ.