Der neue Präsident wird mit großer Mehrheit bestätigt, der ehemalige Chef fällt durch

Hamburg. Viel ist passiert seit der letzten Jahreshauptversammlung des FC St. Pauli im November 2009. Der Klub startete im Mai in sein zweites Jahrhundert und stieg in die Bundesliga auf. Sportlicher Erfolg, der parallel zur finanziellen Konsolidierung und dem infrastrukturellen Ausbau gelang. Und so gab es bei dem aktuellen Zusammentreffen viel Lob zu verteilen. Echte Brisanz barg das nicht, zog die Veranstaltung aber in eine insgesamt 335-minütige Länge.

Neben Liga, Zeitrechnung und Umsatz, der die 20-Millionen-Euro-Grenze überschritt, hat sich auch das Präsidium verändert. Corny Littmann war im Mai nach siebeneinhalbjähriger Präsidentschaft zurückgetreten. Die 542 stimmberechtigten Mitglieder im Saal 1 des CCH stimmten nun über die Folgen der kommissarischen Neuordnung ab. Das Ergebnis: Stefan Orth wurde mit 431 Jastimmen - bei 39 Gegenstimmen und 53 Enthaltungen - zum Präsidenten gewählt. Eine deutliche Mehrheit, die auch seinen kandidierenden Vizepräsidenten Jens Duve, Bernd-Georg Spies, Gernot Stenger und Tjark Woydt per Akklamation zuteil wurde.

Anschließend holte der neue Boss, der in seiner Rede den Bau der neuen Gegengerade des Millerntor-Stadions für die Sommerpause 2012 ankündigte, das Bundesliga-Team auf die Bühne. Während das Plenum mit Ovationen für die Profis reagierte, jubilierte Orth: "Als Mannschaft ehren können wir euch nicht, da die Satzung das nicht vorsieht, aber wir können euch Danke sagen."

Dass die Satzung auch keinen Ehrenpräsidenten-Titel kennt, verhinderte allerdings nicht, dass Trainer Holger Stanislawski dann einen Antrag vortrug, der vorsah, Littmann eben jenen zukommen zu lassen. Der ehemalige Präsident hatte zuvor im Rahmen des Tagesordnungspunktes 5, "Bericht des Präsidiums", die mit 32 Minuten längste Rede des Tages gehalten und noch einmal um die Gunst der Mitglieder geworben. Letztlich vergeblich. Mit 244:214 Stimmen wurde der Antrag nach intensiver, leidenschaftlicher Diskussion von der Tagesordnung genommen und damit im Sinne des Ehrenrats gehandelt. "Wir brauchen keinen Ehrenpräsidenten, Ehrenaufsichtsrat, Ehrenmanager und Ehrengeschäftsführer. Wir haben dem Präsidium die Ehrung zum Ehrenmitglied vorgeschlagen", sagte Ehrenratsvorsitzender Manfred Heinzinger, "mit dem Antrag sollte noch einmal in Klausur gegangen werden. Wir können der Mitgliederversammlung nicht empfehlen, diesen Antrag zu unterstützen."

Das Abstimmungsergebnis nahm Littmann regungslos zur Kenntnis, zog anschließend seine Jacke an und verließ den Saal. "Mein Glück und meine Zufriedenheit hängen nicht von dieser Abstimmung ab. Wir werden jetzt sehen, ob im nächsten Jahr der Antrag noch mal gestellt wird", sagte Littmann leicht geknickt. Eine persönliche Niederlage, aber auch ein Dämpfer für das neue Präsidium, das offiziell um die Annahme des Antrags geworben hatte und zudem mit einem Satzungsänderungsantrag knapp (222:225 Stimmen) scheiterte.

Orth hielt sich bei den Sach- und Personalfragen zurück, überließ Stenger und Spies das Wort. Das haben heute die Aufsichtsräte, wenn auf dem zweiten Teil der Versammlung von 18.30 Uhr an ein neues Kontrollgremium gewählt wird.