Vor dem Spiel beim FC St. Pauli am Sonnabend spricht Bayer Leverkusens Trainer Jupp Heynckes über Erfahrungen mit dem Kiezklub.

Hamburg. Jupp Heynckes ist mit 65 Jahren der älteste Trainer in der Fußball-Bundesliga. Bei Bayer 04 Leverkusen, am Sonnabend (15.30 Uhr) Gegner des FC St. Pauli am Millerntor, hat der frühere Nationalstürmer noch einen Vertrag bis Saisonende. Zuletzt wurde berichtet, dass der Werksklub die letzte Trainerstation des Weltmeisters von 1974 sei. Heynckes weist dies zurück, er habe nur erklärt, dass er sich nicht vorstellen könne, nach seiner Zeit bei Bayer ein für ältere Herren bekanntes Amt zu übernehmen: das des griechischen Nationaltrainers.

Abendblatt:

Herr Heynckes, was halten Sie als erfahrener Trainer von Ihren jungen, wilden Amtskollegen wie St. Paulis Holger Stanislawski?

Jupp Heynckes:

Ein wirkliches Urteil kann man sich nur erlauben, wenn man hautnah dabei ist. Wenn man die Spielanalysen erlebt, die Trainingseinheiten, die Ansprachen. Generell ist es gut, dass nicht nur Spieler nachrücken, sondern auch talentierte und kompetente Trainer, und da zähle ich Stanislawski und noch ein paar andere dazu. Sie sind ein belebendes Element.

Früher hat man Sie häufig verbissen erlebt. Sind Sie im höheren Traineralter gelassener geworden?

Heynckes:

Jeder Mensch macht Phasen in seinem Leben durch. Ich bin bei vielen Klubs gewesen, sowohl im Ausland als auch in der Bundesliga. Für mich ist es wichtig, dass ich in einem Umfeld arbeite, in dem eine gute Atmosphäre herrscht, wo ich Spaß habe, wo alles geordnet und gut organisiert ist. Das finde ich bei Bayer 04 Leverkusen vor, und sicher drücke ich dies auch nach außen aus. Vielleicht war das bei der einen oder anderen Station anders.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Gastspiele am Millerntor?

Heynckes:

Wir haben da ja zuletzt ein Freundschaftsspiel absolviert. Es ist zwar noch nicht ganz fertig, aber es herrscht trotzdem eine fantastische Atmosphäre. St. Pauli hat ein klasse Publikum. Als Trainer des FC Bayern bin ich dort allerdings auch schon mal mit Münzen beworfen worden. Das war damals eine neue Erfahrung für mich. Es kann gut möglich sein, dass ich noch eine davon im Schrank habe.

Aktuell hat St. Pauli drei Mal in Folge verloren. Kommt es Ihnen entgegen, dass Sie jetzt in Hamburg spielen?

Heynckes:

Nein, es gibt immer wieder Phasen in einer Saison, in denen man keine Erfolgserlebnisse hat. Eine Krise daraus zu schließen, halte ich für übertrieben. Ich habe das Schalke-Spiel live gesehen und mir jetzt auch noch mal die Partie gegen Frankfurt angeschaut. St. Pauli hatte selbst auf Schalke immer wieder sehr gute Phasen. Das zeigt mir, dass die Mannschaft vollständig intakt ist. Sie ist gut strukturiert, die Jungs haben eine sehr gute Einstellung. Das spricht auch für den Trainer, der eine gute Atmosphäre geschaffen hat.

Was trauen Sie St. Pauli in dieser Saison noch zu?

Heynckes:

Zunächst einmal den Klassenerhalt, was auch das Ziel sein dürfte.

Im letzten Jahr wurden Sie mit Bayer Herbstmeister, jetzt stehen Sie schon sieben Punkte hinter Borussia Dortmund. Mit Ballack, Kießling, Hyypiä und Derdiyok fallen viele prominente Spieler aus. Bereitet Ihnen das Sorgen?

Heynckes:

Jeder Trainer muss mit Verletzten fertig werden, das ist bei uns nicht anders. Anders im Vergleich zum Vorjahr ist, dass wir international dabei sind, somit eine Zusatzbelastung haben und viele junge Spieler, die das nicht kannten. Ich denke, dass die Truppe das aber gut weggesteckt hat und unsere Platzierung (Dritter, die Red.) den gezeigten Leistungen entspricht. Darauf kann man aufbauen.