Die Verteidiger des FC St. Pauli, Zambrano und Thorandt, lassen kaum Chancen zu. Stanislawski: “Defensiv arbeiten, offensiv denken.“

Hamburg. Holger Stanislawski zitiert mit Vorliebe und entwickelt auch mal gern seine eigenen Weisheiten. Der Trainer des FC St. Pauli ist ein Freund von in Stein gemeißelten Sätzen. "Ich gewinne lieber 5:4 als 1:0", ist so einer, den er prägte, "Stillstand ist Rückschritt", ein weiterer. Aktuell aber beherrscht ein anderer die Analysen und Statements des 40-Jährigen: "Defensiv arbeiten, offensiv denken." Eine Vorgabe, die seine Mannschaft in den ersten beiden Partien mehr als zufriedenstellend umsetzte und damit einen weiteren Schritt in ihrer Entwicklung genommen hat. Denn während die Leidenschaft im Spiel nach vorn nach 72 Toren in der Aufstiegssaison konserviert wurde, zeigt sich seine Elf im Spiel gegen den Ball deutlich verbessert.

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Der Blick in die Statistik weist 16 eigene Torchancen und damit den Bundesliga-Topwert aus. Auf der Gegenseite wurden Freiburg und Hoffenheim in den ersten beiden Partien neun Einschussmöglichkeiten eingeräumt: neue Liga, neue Sicherheit. Bei St. Pauli wird es nur alle 20 Minuten gefährlich. "Wir stehen ganz gut", bestätigt Markus Thorandt, "und haben gesehen, dass wir auch gegen Bundesligamannschaften bestehen können." Gemeinsam mit Neuzugang Carlos Zambrano bildet der 29-Jährige die neu formierte Innenverteidigung beim Aufsteiger. "Ich bin sehr zufrieden mit den beiden", lobt Stanislawski sein favorisiertes Duo. Fabio Morena, sechs Jahre lang Kapitän und Abwehrchef in Personalunion, bleibt momentan nur der Platz auf der Bank, Ralph Gunesch und Marcel Eger erlebten den Auftakt vor dem Fernsehschirm und auf der Tribüne.

Vor allem Zambrano überzeugt. Der Mix aus Freundlichkeit und Schüchternheit, den der 21-Jährige versprüht, ist auf dem Platz schnell verflogen. Zambrano besticht durch Härte, Spielverständnis und ein Übermaß an Cleverness und Abgezocktheit. Mehr als 70 Prozent gewonnene Zweikämpfe sprechen für sich und ihn, 112 Ballkontakte ebenfalls. Sportchef Helmut Schulte ist auf dem Transfermarkt ein Volltreffer gelungen, und Stanislawski hat dem bis 2012 von Schalke 04 ausgeliehenen Abwehrmann, St. Pauli besitzt eine Kaufoption, den richtigen Partner zugeteilt. Die peruanisch-bajuwarische Verbindung hat neutralisierenden Charakter und wirkt auf die auch aufgrund der offensiven Ausrichtung anfällige Defensive wie ein Zaubertrank. Bereits in Freiburg stellte das Duo viermal erfolgreich eine Abseitsfalle auf, Hoffenheim tappte am Sonnabend gar neunmal hinein. "Die beiden haben sich richtig gut aufeinander abgestimmt", hat der Trainer festgestellt. Zufriedenheit, die sich gegen den Ball auf elf Positionen einstellt. Alle arbeiten defensiv, schaffen Überzahlsituationen und minimieren des Gegners Chance auf Torabschlüsse. Zwei der drei Pflichtspielgegentore fielen nach ruhenden Bällen, gegen Hoffenheim wie beim Pokal-Aus in Chemnitz durch einen Eckball.

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St. Pauli ist bereit für die Liga, sogar die Tabellenführung wäre bei derartigen Statistikwerten keine Überraschung. Doch was bringt ein Chancenverhältnis von 16:9, wenn die Möglichkeiten nicht verwertet werden. Wer keine Tore schießt, kann keine Spiele gewinnen. Ein Satz, der Stanislawski eigentlich gefallen dürfte.