Am Sonnabend kommt Hoffenheim als Tabellenführer zum FC St. Pauli. Mit einem Trainer, der wieder ein echter Chef ist.

Zuzenhausen. Sein Weg zum Arbeitsplatz ist gleich geblieben. Von Backnang bei Stuttgart nach Zuzenhausen bei Heidelberg ins Trainingszentrum von 1899 Hoffenheim fährt der Cheftrainer eine halbe Stunde. Sonst aber ist kaum mehr etwas wie vergangene Saison. Ralf Rangnick, 52, ist wieder der alles entscheidende Mann. Er muss nur dem mächtigen Mäzen Dietmar Hopp und dem von Hopp installierten Beirat Bericht erstatten, sonst steht ihm keiner mehr im Weg. In Hoffenheim wurde nach den schweren Krisen, die dem rasanten Aufstieg aus der Regionalliga bis in die Bundesliga folgten, kräftig aufgeräumt. Statt Schindelmeiser wartet jetzt der neue Manager Ernst Tanner, ehemaliger Jugendkoordinator, den Rangnick befördern ließ, auf Anweisungen seines neuen Chefs.

Egal, wer aus dem Kader des Klubs künftig ein Problem hat, er muss zu ihm. Chancen, sich auszuheulen, gibt es keine. Ex-Manager Jan Schindelmeiser musste gehen, fast der gesamte Betreuerstab wurde ausgewechselt, dazu haben Hopp und Rangnick eine radikale Umkehr in der Personalpolitik vollzogen. Weg mit störenden eigenwilligen Stars, hin zu deutschsprachigen Talenten. Zuletzt schlug man beim Stuttgarter Sebastian Rudy zu, für den 1899 vier Millionen Euro hinblätterte.

Noch in dieser Saison sollen weitere Millionentransfers folgen

Hoffenheim kann es sich leisten und wird wohl weitere Transfers tätigen. Vergangenen Sonnabend wurde Rangnick die brasilianische "Diva" Eduardo Carlos los. Der geniale wie launische Mittelfeldmann heuerte beim von einem Ölmilliardär finanzierten russischen Meister Rubin Kasan an. Für 20 Millionen Euro. Da geriet selbst Milliardär Hopp ins Schwärmen und jubelte über erstmals positive Zahlen.

Bisher läuft die Kursänderung wie geschmiert. Zuletzt fegte Hoffenheim Werder Bremen mit Tempofußball wie zu besten Zeiten mit 4:1 vom Platz.

Wie befreit wirkt auch Rangnick selbst. Wochenlang tobte ein Machtkampf mit Ex-Manager Schindelmeiser. Zwischen den beiden gab es immer öfter Streit um Transfers und Einfluss. Wer nicht beim einen jammern wollte, ging eben zum anderen. Die Mannschaft zerfiel in Grüppchen. Die Folge: der sportliche Absturz ins Mittelmaß.

Rangnick boxte die "Störenfriede" aus dem Nest und versprach die Rückkehr zu Fußball mit Leidenschaft. Seine Spieler mussten die härteste Vorbereitung ihrer Karriere durchmachen. "Ich habe schon bei Felix Magath trainiert, das hier aber war noch mal was ganz anderes", berichtete Tobias Weis. Die Hoffenheimer sind also fit. Die "fitteste Mannschaft" der Liga, das war Rangnicks erklärtes Ziel. Und "Fußball wie 2008". Damals spielte 1899 alles in Grund und Boden und stürmte zur Herbstmeisterschaft, bevor Neid und Intrigen ein überaus chaotisches Bild des einstigen Vorzeigeklubs prägten.

Jetzt gibt es nur noch ihn - Ralf Rangnick, den Chef. Der allerdings muss jetzt Siege liefern. Mäzen Hopp wird keine Krisen und vor allem disziplinarische Entgleisungen mehr dulden. Mit Eduardo aber sortierte Rangnick den letzten "faulen Apfel" aus dem Kader aus. Der Brasilianer hatte zuletzt nur noch lustlos trainiert.

Nürnbergs Gündogan und Herthas Ramos stehen auf der Wunschliste

Rangnick drohte zuerst mit Ersatzbank und Tribüne: "Wer nicht mitzieht, hat ein Problem." Dann legte er Eduardo den Wechsel nahe. Dass der seinen Agenten beauftragte, der einen solch dicken Fisch an Land zog, kam Rangnick mehr als gelegen. Die neuen Millionen eröffneten mit einem Schlag neue Perspektiven. Neben Jungtalent Rudy will Rangnick bis Transferschluss am 31. August weiter einkaufen. Adrian Ramos (Hertha BSC) und Ilkay Gündogan (1. FC Nürnberg) stehen auf der Hoffenheimer Liste. Hertha aber verlangt zehn Millionen und Nürnberg mindestens acht. Es wird gepokert.

Vom Geschacher will sich Rangnick die Stimmung nicht vermiesen lassen. "Wir haben jetzt wieder eine gute Stimmung im Kader", stellt er süffisant fest - ein kleiner Seitenhieb gegen das Heer der Ausgemusterten: "Wir sind wieder auf einem guten Weg, den wollen wir konstant fortsetzen. Jetzt müssen wir das auch bei St. Pauli beweisen", meint Rangnick und gibt einen einstelligen Tabellenplatz als Saisonziel aus.

Neuzugang Rudy wird in Hamburg übrigens noch nicht mit dabei sein. Der brauche noch Zeit, meinte Hoffenheims neuer Alleinherrscher: "Gegen Bremen hat die Mannschaft die beste erste Hälfte gespielt, was wir da gegen den Ball gemacht haben, war richtig gut." Und Torjäger Vedad Ibisevic meinte: "Letzte Saison haben sich viele nur um sich selbst gekümmert, wir waren keine Mannschaft mehr. Jetzt sind wir wieder auf dem Weg dazu."