Unnötige Verzögerungen, erhöhte Kosten - der Neubau auf St. Paulis Trainingsgelände an der Kollaustraße wird allmählich zur Posse.

Hamburg. Container haben beim FC St. Pauli Tradition. Und es ist noch keine fünf Jahre her, da beherbergten sie am Millerntor-Stadion noch die Geschäftsstelle, dienten den Medienvertretern als Arbeitsraum und waren Ziel der Fans beim Karten- und Fanartikelkauf. Selbst die VIP-Zuschauer trafen sich vor, nach und während der Partien in einem Großraum-Behälter. Containerhistorie, die beim Nachwuchsleistungszentrum am Brummerskamp, aber auch den Büros von Trainern und Platzwart Shane Wiese auf dem Trainingsgelände eine Fortsetzung fand.

Nun hatten sich die Profis darauf eingestellt, zum Vorbereitungsbeginn am Montag ein weiteres Kapitel zu schreiben. Das alte Funktionsgebäude an der Kollaustraße sollte nach dem Saisonende im Mai abgerissen werden und einem zweistöckigen Neubau weichen, die Spieler samt Material in 30 Container auf den Parkplatz ziehen, sich dort umkleiden und duschen. Vom Herbst an würde die Mannschaft von Trainer André Schubert dann - samt der Nachwuchsteams U 23, U 19 und U 17 - ihre neuen Räumlichkeiten nutzen können. Doch wenn sich Schubert und sein Kader in fünf Tagen zum Aufgalopp für die Saison 2012/13 zusammenfinden, wird vieles, ja beinahe alles, noch sein wie zwei Monate zuvor. Keiner der 30 Container steht bislang bereit - weshalb auch? Einen konkreten Abrisstermin gibt es noch nicht. Immerhin konnte man sich am Montag nach langem Evaluierungsprozess mit einem Bauunternehmen einigen, das die vom Hamburger Architekten Uwe Herzberg entworfenen Pläne umsetzt.

Mehrfach war das seit Jahren angedachte und vor mehr als zwölf Monaten geplante Projekt verschoben worden, zuletzt in der vergangenen Woche. Nun soll es Mitte Juli losgehen. Die Gründe für die Verzögerungen liegen in der Vergangenheit. Vizepräsident Bernd-Georg Spies hatte das Projekt einst federführend betreut, es dann an Helmut Schulte übergeben. Der Sportchef erhielt erst die Verantwortung, nach seinem vorzeitigen Ende dann auch den Schwarzen Peter. Nun muss Wolfgang Helbing, bereits mit dem Neubau des Stadions betraut, einen Scherbenhaufen zusammenkehren. Die Finanzierung steht seit dem vergangenen Jahr, die Baugenehmigung liegt seit Monaten vor. Doch es gibt keine Ablaufpläne, es fehlt an Zuständigkeiten und klar abgegrenzten Verantwortungsbereichen. Wer macht was wann? Achselzucken.

Längst ist der Neubau zur Posse geworden. Die Kosten sind im Vergleich zur Ursprungsplanung deutlich gestiegen. Am Ende dürfte St. Pauli einen sechsstelligen Betrag draufzahlen. Hinzu kommen die Folgen für die Mannschaft. Statt während der Sommerpause wertvolle Zeit zu nutzen, beginnt man mit dem Abriss - eine weitere Verzögerung ausgeschlossen - just dann, wenn die Mannschaft aus den Trainingslagern zurück ist und in die Saison startet. Bezugsfertig ist der Bau damit frühestens 2013. Es wird ein kalter Winter, draußen auf dem Parkplatz.