Ebbers gab nach seinem Treffer ein Handspiel zu - erst in der Nachspielzeit erzielte Fin Bartels noch das 2:1 für den FC St. Pauli gegen Union.

Hamburg. André Schubert konnte nichts mehr aufhalten. In bester Jürgen-Klopp-Manier sprintete der Trainer des FC St. Pauli in der zweiten Minute der Nachspielzeit auf den Platz, sprang erst Markus Thorandt an und lief dann weiter in Richtung Eckfahne, wo sich bereits ein Großteil der Mannschaft versammelt hatte, um gemeinsam mit Fin Bartels dessen späten Treffer zum 2:1 zu feiern. Schubert hechtete in die Spielertraube, das Millerntor-Stadion tobte, die Fans brüllten ihre Erleichterung über dieses Tor heraus, das nicht nur den Sieg gegen Union Berlin bedeutete.

Es war der Treffer, der drei Tage zuvor gegen den FSV Frankfurt gefehlt hatte, der diesen Abend zu einem außergewöhnlichen machte und der Treffer, der St. Pauli Selbstvertrauen geben wird für die restlichen Saisonspiele und den Kampf um den Relegationsplatz im Fernduell mit Fortuna Düsseldorf, das zeitgleich durch ein 1:0 gegen FSV Frankfurt ebenfalls wieder in die Erfolgsspur fand. "Ich muss meiner Mannschaft ein unglaubliches Kompliment aussprechen. Das gilt aber auch für die Zuschauer", lobte Schubert nach dem Fußballkrimi. Aufgrund eines beherzten und engagierten Auftritts war es ein hochverdienter Sieg - und ein ehrlich erkämpfter.

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+++ Fin Bartels sorgt für Freudentaumel am Millerntor +++

In der 80. Minute war Schubert schon einmal auf den Platz gesprintet, weil Marius Ebbers per Kopf das vermeintliche 2:1 erzielt hatte. Auch die Spieler jubelten einige Sekunden lang, während die Berliner ein Handspiel reklamierten. Der ansonsten souveräne Schiedsrichter Tobias Welz befragte daraufhin Ebbers nach dessen Sichtweise. Der Stürmer gab ein Handspiel zu, und Welz erkannte dem Tor folgerichtig die Anerkennung ab. Ehrlichkeit, die den FC St. Pauli am Ende fast den Sieg gekostet hätte. "Ich habe ihm gesagt, dass ich den Ball mit beiden Körperteilen, Kopf und Hand, berührt habe", sagte Ebbers. "Ich freue mich über das 2:1, sonst hätte es geheißen: Fairplay-Preis, aber nicht clever."

Sportchef Helmut Schulte und später auch Trainer Schubert übten Kritik am Referee: "Ein Schiedsrichter sollte Spieler nicht befragen und sie in eine so schwierige Situation bringen", sagte Schulte. Die Gäste honorierten die faire Geste: "Wer dieses Fairplay zeigt, hat den Aufstieg verdient. Respekt", sagte Marc Pfertzel, der zusammen mit seiner Mannschaft dem FC St. Pauli über 90 Minuten alles abverlangte.

Ohne den an der Hüfte verletzten Fabian Boll, dafür wieder mit Philipp Tschauner im Tor und Sebastian Schachten auf der linken Abwehrseite, startete St. Pauli selbstbewusst. Doch nach einer guten ersten halben Stunde, in der sich die Hamburger sieben Ecken und zahlreiche Einschussmöglichkeiten durch Ebbers, Max Kruse, Deniz Naki sowie zwei gefährliche Kopfbälle von Thorandt herausgespielt hatte, ließ die Schubert-Elf plötzlich nach. Der Grund: Markus Karl hatte die Führung für Union Berlin erzielt. Der Kopfball des früheren HSV-Profis nach der ersten Ecke für die Berliner in der 32. Minute senkte sich über Philipp Tschauner hinweg ins Netz. St. Pauli brauchte bis zur Halbzeit, um sich von dem Schock zu erholen. Vor dem Spiel hatte Schubert bereits darauf hingewiesen, dass seine Mannschaft nach Rückständen häufig besser nach vorne spielen, die Handbremse lösen würde. Die Spieler traten den Beweis in beeindruckender Manier an. Mit viel Willen, Kampfgeist und Lauffreude erhöhten die Hamburger den Druck von Minute zu Minute und schlugen schließlich auch Kapital aus ihrer Überlegenheit.

Kruse erzielte mit einem abgefälschten Linksschuss seinen zwölften Saisontreffer - der Ausgleich. Die gelbrote Karte für Maurice Trapp nach zwei Fouls an Bartels (64.) verstärkte die Parallelen zum Spiel in Frankfurt drei Tage zuvor. St. Pauli bekam die Chance, nach einem Rückstand dreifach zu punkten, zur Wiedervorlage - und nutzte sie. Wütende Angriffe, Torchancen im Minutentakt, im Vorbeigehen noch einen Fairplay-Preis abgeholt und schließlich das erlösende Tor. Schubert konnte zufrieden sein. "Es macht einfach nur glücklich, dass wir uns diesmal belohnt haben", sagte er. Der nächste Akt folgt bereits in drei Tagen in Fürth.