Der Zweitligaklub FC St. Pauli lässt im Kampf um Platz drei bislang zu viele Punkte liegen. Das soll heute gegen Union Berlin anders werden.

Frankfurt/Hamburg. Niemand wusste so genau, was von diesem Ergebnis zu halten war. Der FC St. Pauli hatte das erste Mal seit dem 27. November 2011 wieder mehr als zwei Tore geschossen, hatte sich zahlreiche weitere Tormöglichkeiten herausgespielt, die Belohnung für die couragierte Aufholjagd nach einem 0:3-Rückstand beim FSV Frankfurt hatte sich die Mannschaft von Trainer André Schubert aber nicht abgeholt. 3:3 hieß es nach 90 Minuten, Schubert war froh, dass mit Marius Ebbers, Max Kruse und Fin Bartels auch "die richtigen Jungs" getroffen hatten und hegt nun die Hoffnung, dass die lange Zeit vermisste Leichtigkeit vor dem Tor zurück ist. Zufrieden konnte der Trainer trotzdem nicht sein.

"Wir hätten aus dem Spiel etwas ganz Außergewöhnliches machen können", sagte der 40-Jährige. Nach dem "moralischen Sieg" beim 0:0 vor einer Woche in Düsseldorf hätte St. Pauli erneut etwas für das Selbstvertrauen und für die Moral im Aufstiegskampf tun können. "Das sind Spiele, die in Erinnerung bleiben", sagte Sportdirektor Helmut Schulte, "aber eben nur, wenn du noch das vierte Tor machst." Auch Torhüter Benedikt Pliquett überkam während des Spieles das Gefühl "etwas Riesiges schaffen zu können". Doch es gelang nicht. So bleibt die Erkenntnis, dass die Hamburger durch dieses 3:3 beim FSV Frankfurt wieder mal eine Möglichkeit, sich im Aufstiegskampf in eine bessere Position zu bringen, ungenutzt ließen. St. Pauli scheint sich im Jahr 2012 vehement gegen den Aufstieg zu wehren.

+++ St. Pauli mit toller Moral - aber nur Remis gegen FSV Frankfurt +++

Die zahlreich vergebenen Torchancen in Frankfurt und die zwei Punkte, die dadurch liegen gelassen wurden, sind nur der Gipfel der verpassten Möglichkeiten. Dem schwachen Start nach der Winterpause (1:2 in Aachen), der das Abrutschen auf Rang fünf bedeutete, folgten in regelmäßigen Abständen Spiele, in denen mal individuelle Fehler, mal mannschaftliches Kollektivversagen dazu führte, dass sich St. Pauli zunächst aus dem Rennen um die direkten Aufstiegsplätze verabschiedete, und dass aus dem Fünfkampf um den Aufstieg ein Dreikampf um den Relegationsplatz geworden ist. Dass die Ausgangslage fünf Spieltage vor Ende der Saison immer noch als aussichtsreich bezeichnet werden kann, liegt einzig daran, dass auch die Konkurrenten aus Düsseldorf und Paderborn keine gute Rückrunde spielen. Düsseldorf schaffte erst zwei Siege im Jahr 2012 und ist seit vier Spielen sieglos. Paderborn hat seit fünf Spielen keinen Dreier mehr geholt.

Optionen, seine Ausgangslage weitaus besser zu gestalten, hatte St. Pauli demnach genug: Beim 0:0 am 23. Spieltag gegen Braunschweig hätte ein Sieg die Tabellenführung bedeutet. Im nächsten Spiel führte der Aussetzer von Patrick Funk in der 88. Minute zum 1:1-Ausgleich für 1860 München und zum erneuten Abrutschen auf Rang fünf. Bei der unnötigen 1:2-Niederlage in Aue gab die Mannschaft leichtfertig eine Führung aus der Hand.

Im Spiel gegen Cottbus hätten drei Punkte gereicht, um mit der Fortuna gleichzuziehen, doch nach einer Viertelstunde stellte die Mannschaft das Fußballspielen ein und bot die schwächste Saisonleistung. Im direkten Duell mit den Rheinländern lieferte St. Pauli zwar eine starke kämpferische Leistung, doch der Platzverweis und die Spuckattacke von Carlos Zambrano, die dem Peruaner eine Vier-Spiele-Sperre einbrachten, schwächen nachhaltig.

Der Eindruck, dass St. Pauli mit dem stetig steigenden Erfolgsdruck nicht umgehen kann, verfestigt sich von Spiel zu Spiel. Heute im Heimspiel gegen Union Berlin (17.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) soll das anders werden. "Wir reden seit Wochen davon, dass es die letzte Chance ist. Ist es aber in Frankfurt nicht gewesen und wird es auch gegen Berlin nicht sein", sagt Schubert. "Die anderen haben auch Probleme." Düsseldorf empfängt zeitgleich den FSV Frankfurt, dessen Trainer Benno Möhlmann versprach: "Wenn wir auch gegen Düsseldorf 3:0 führen sollten, werden wir das Spiel gewinnen." St. Pauli ist nach den vielen verpassten Möglichkeiten weiterhin auf Schützenhilfe angewiesen.

Das Phänomen der vergebenen Chancen sei eine "psychologische Sache", glaubt Schubert. "Du kannst dich auf jede Klausur vorbereiten wie du willst, du wirst nicht immer eine Eins schreiben. Jedem ist klar, dass wir unsere Spiele gewinnen müssen, wenn wir oben dran bleiben wollen. Aber es gelingt halt nicht immer." Den Willen kann seiner Mannschaft niemand absprechen. Gerade nach Rückständen wie beim 0:2 gegen 1860 in der Hinrunde (Endstand 4:2) oder nach dem 0:3 jetzt in Frankfurt zeigen die Braun-Weißen, dass sie wollen - und auch begeisternden Fußball spielen können. Gegen Union Berlin wäre es an der Zeit, das wieder zu zeigen - um etwas Außergewöhnliches zu erreichen.

Mannschaften heute Abend, FC St. Pauli: Tschauner - Volz, Morena, Thorandt, Schachten - Boll, Daube - Bartels, Naki, Kruse - Ebbers; Berlin: Glinker - Pfertzel, Göhlert, Parensen, Trapp - Karl, Zoundi, Ede, Mattuschka - Ede, Terodde.