St. Paulis Stadionsprecher Rainer Wulff wird die Schilddrüse entfernt. Die Operation könnte den 69-Jährigen sogar verstummen lassen.

Hamburg. Eigentlich wollten die Ärzte noch zwei Jahre warten. Dann erst sollte Rainer Wulff die Schilddrüse entfernt werden. Doch nun muss alles schnell gehen. Schon heute begibt sich St. Paulis Stadionsprecher ins Krankenhaus, um den Eingriff vornehmen zu lassen. Eine Operation mit Risiken. "Im schlimmsten Fall ist meine Stimme weg", erklärt Wulff. Ob das Hamburger Original also noch einmal Tore und Aufstellungen verlesen wird, ist ungewiss.

Seit 26 Jahren ist der ehemalige Journalist ehrenamtlich als die Stimme vom Millerntor bekannt. Der unverkennbare Ton, leicht kratzig, tief und mit viel Bass: Wulff ist eine Institution beim FC St. Pauli. Doch immer wieder hatte er zuletzt mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Vor zwei Jahren setzte ihn eine Lungenentzündung außer Gefecht, nun droht sogar das Ende seiner Sprecherkarriere. Blutuntersuchungen, Ultraschall, Gewebeproben - Ärzte kontrollierten die Schilddrüse des 69-Jährigen seit langer Zeit sorgfältig. Nun stellten sie nicht mehr gutartige Veränderungen fest und sind zum Handeln gezwungen. Noch gibt es keinen Tumorbefund, doch das Risiko, länger zu warten, ist zu hoch. "Ich gehe derzeit davon aus, dass ich schon bald wieder mit dabei bin", zeigt sich Wulff im Gespräch mit dem Abendblatt zuversichtlich. Ein nur vorübergehender Stimmverlust, eine dauerhaft veränderte Stimme oder gar die totale Stimmbandlähmung könnten Folgen des Eingriffs sein. Möglich ist aber auch, dass die Stimme vom Millerntor unverändert klingt und sich St. Paulis Fans weiter auf die markigen Ansagen Wulffs freuen dürfen. Denn aufhören will der Moderator, Opernexperte und Hobbyschauspieler eigentlich nicht. "Die Leute müssen mir sagen, wenn ich irgendwann opahaft rüberkomme, dann mache ich sofort Schluss", sagt Wulff lachend. Ursprünglich wollte er 2013 im Alter von 70 Jahren abtreten, doch inzwischen gibt er zu: "Ich lasse da mit mir reden. Wir werden uns dann zusammensetzen."

Sein erstes Spiel am Mikrofon erlebte Wulff, der bis zu seiner Pensionierung 37 Jahre lang für den Norddeutschen Rundfunk tätig war, im September 1986. Beim Debüt gegen Rot-Weiß Oberhausen brachte er St. Paulis damaligen Trainer Willi Reimann auf die Palme, weil er beim Stand von 4:1 über die Stadionlautsprecher verkündete: "Ich melde mich in zwei Minuten mit dem 5:1 wieder." Tatsächlich gelang St. Pauli das fünfte Tor, doch bis zu Franz Gerbers drittem Treffer an jenem Sonnabend dauerte es 16 Minuten.

Sollten St. Paulis Profis am Sonntag gegen Energie Cottbus die Torarmut beenden und zu ähnlich großer Form auflaufen, werden die Fans den Torschützen von einer anderen Stimme präsentiert bekommen. Auch Wulffs Vertreterin Dagmar Grigoleit, mit der er sich die Heimspiele aufteilt, fällt aus. Sie bekam am Freitag eine neue Hüfte und wird einige Wochen lang auf Krücken gehen müssen. Die Vorbereitungen für den anstehenden Spieltag hat Wulff natürlich selbst übernommen. Kurz bevor er ins Krankenhaus fährt, übergibt er den Ablaufplan. Dann beginnt das Bangen. Wenn es nach Wulff geht, gibt es aber schon am 10. April gegen Union Berlin ein stimmgewaltiges Comeback unter Flutlicht.