Mit seinem ersten Zweitliga-Doppelpack sicherte Sebastian Schachten dem FC St. Pauli drei Punkte

Hamburg. Da war er wieder, der Finger. Nach einem kurzen Antritt, an dessen Ende Sebastian Schachten den von Markus Thorandt in die Strafraummitte bugsierten Ball zum 2:1 für den FC St. Pauli in die Tormaschen drückte, lief der Schütze einfach weiter, stoppte erst vor den jubelnden Fans auf der Südtribüne und reckte seinen rechten Arm in die Höhe. Wie ein Schuljunge, der die Antwort auf die Frage des Lehrers weiß, zeigte er mit dem Finger in die Luft und erstarrte, bis er vom ersten seiner Mannschaftskollegen von hinten angesprungen wurde. Bereits viermal konnte Schachten in dieser Saison auf diese Art und Weise, mit gehobenem Zeigefinger, ein Tor bejubeln, gestern bedeuteten seine beiden Treffer den 2:1-Sieg über den VfL Bochum und drei wichtige Punkte für den FC St. Pauli.

So einseitig der Jubel-Gestus des Rechtsverteidigers, der von Trainer André Schubert gestern auf die linke Seite beordert wurde und auch dort zu überzeugen wusste, so vielfältig waren die Neckereien seiner Mannschaftskollegen. Schachtens neuer Spitzname: das Phantom. Fabian Boll trieb es auf die Spitze: "Es ist schon ein Armutszeugnis für uns, wenn Schachten zwei Tore machen muss, damit wir gewinnen", sagte der Kapitän grinsend. Passend ist der Spitzname allerdings nicht wirklich. Schachten erzielte nicht nur beide Treffer, er war auf der ungewohnten linken Seite auch einer der aktivsten St. Paulianer und hatte viele starke Szenen in der Offensive.

Dass er dafür Zeit und Energie hatte, lag zwar auch an der harmlosen Bochumer Angriffsreihe, Schachten war jedoch anzusehen, dass er sich einiges vorgenommen hatte, nachdem er bei der Pleite in Aachen vergangene Woche aufgrund einer Gelbsperre nicht dabei gewesen war. Er selbst war hoch motiviert und versuchte dies auch auf seine Mannschaftskameraden zu übertragen. Nach der Gelb-Roten Karte gegen Paul Freier lief Schachten zu einigen Mitspielern und forderte gestenreich dazu auf, jetzt noch einmal alle Kräfte zu mobilisieren. "Es hat uns schon weh getan, dass er und auch Fin Bartels in Aachen nicht dabei waren", musste dann auch Boll zugeben, diesmal ernsthaft.

Zum Matchwinner wollte sich Schachten jedoch partout nicht hochstilisieren lassen. "Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn", so sein Kommentar zu seinem ersten Doppelpack in der Zweiten Liga. 2005 waren dem normalerweise eher selten als Torschütze in Erscheinung tretenden Schachten schon einmal zwei Tore in einem Spiel gelungen. In der Regionalliga für die zweite Mannschaft von Werder Bremen. "Es gehört auch etwas Glück dazu", meinte der bescheidene Abwehrspieler, der zu Saisonbeginn von Borussia Mönchengladbach nach Hamburg gekommen war, und verriet: "Die Freistoß-Variante war einstudiert, aber dass es dann so hinhaut, ist natürlich umso schöner."

Nach dem Schlusspfiff ließ Schachten die Glückwünsche und Schulterklopfer der Mitspieler fast widerwillig über sich ergehen, schüttelte mehrfach den Kopf. Doch ob er es will oder nicht, was von dem Spiel in Erinnerung bleibt, ist sein in die Höhe gereckter Zeigefinger - in zweifacher Ausführung.