St. Paulis Ersatzmann kämpft mit Philipp Heerwagen um die Vertretung von Philipp Tschauner, der mindestens sieben Spiele ausfällt.

Hamburg. Direkt nach dem Abpfiff setzte es ein paar Backpfeifen. Holger Stanislawski, sein langjähriger Fürsprecher und Förderer ohrfeigte Benedikt Pliquett gleich ein paar Mal, ehe sich Hoffenheims Trainer und St. Paulis Torwart umarmten und noch auf dem Platz ins Gespräch einstiegen. Tätlichkeiten, die genauso ungeahndet blieben wie der Täuschungsversuch von Stanislawskis Angreifer Vedad Ibisevic, der in der 35. Minute im Duell mit Pliquett einen Foulelfmeter statt der fälligen Verwarnung erhielt und damit maßgeblichen Anteil daran besaß, dass der Bundesligist Stanislawskis gefeierte Rückkehr an die alte Wirkungsstätte als 2:1-Testspielsieger beendete. Vielmehr hielt Stanislawskis Handgreiflichkeit als passende Symbolik für die Situation des Schlussmanns her. Backpfeifen als Wachmacher: Die kommenden drei Wochen könnten zu den wichtigsten in Pliquetts Karriere werden. Der 27-Jährige besitzt die große Chance, seinem Reservistendasein ein Ende zu bereiten.

Seit 2004 ist der Hamburger für den FC St. Pauli aktiv. Siebeneinhalb Jahre, in denen er gerade einmal 32 Ligaspiele bestritt, die meisten davon in bedeutungslosen Partien gegen Saisonende. Siebeneinhalb Jahre als Stellvertreter im Schatten von Achim Hollerieth, Patrik Borger, Mathias Hain, Thomas Kessler und zuletzt Philipp Tschauner, der in sämtlichen Ligaspielen zwischen den Pfosten stand, wegen einer komplizierten Schulterverletzung nun aber ausfällt. "Ich bin froh, wenn ich am 1. Februar meine Schiene abbekomme", blickt Tschauner vorsichtig optimistisch nach vorn. Frühestens Ende März scheint ein Comeback möglich. "Tschauni wird sicherlich sieben bis acht Spiele fehlen", prognostiziert Trainer André Schubert. Zeit, die Pliquett nutzen will, um seine Tauglichkeit unter Beweis zu stellen. Sein Arbeitsvertrag läuft in fünf Monaten aus, zehn Kilogramm hat er binnen 70 Tagen abgenommen, seinen Fettanteil um vier Prozent reduziert.

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Doch der Verein reagierte erneut. Mit Philipp Heerwagen wurde vom VfL Bochum ein neuer Torwart ausgeliehen. Pliquett hat sein nächstes Duell. "Bene wusste seit Anfang der Woche Bescheid. Wenn mir jemand die Garantie gegeben hätte, dass Bene alle Spiele macht, dann wäre alles gut gewesen. Aber wir wollten das Risiko minimieren", sagt Schubert. Und Heerwagen, trotz 33 Bundesliga- und 127 Zweitligaspielen zuletzt selber nur in der Rolle des Bankdrückers, wittert seine Chance: "Mein Anspruch ist es, Spielpraxis zu sammeln. Wenn man - anders als es in Bochum der Fall war - eine Chance bekommt, trainiert man auch anders. Neue Leute, neue Luft. Wir wollen im Trainingslager die Grundlagen legen, um große Dinge zu schaffen", so der 28-Jährige, der sich Donnerstag von seinen alten Kollegen verabschiedete, am Sonnabend erstmals mit den neuen trainierte und im heute beginnenden Trainingslager im spanischen Oliva mit dabei ist. Allerdings, das machte sein neuer Trainer deutlich, geht Heerwagen nur vom zweiten Startplatz ins Rennen um Tschauners Vertretung: "Bene wird mit einem Vorsprung in dieses Duell gehen", so Schubert. "Er wird Spielpraxis bekommen. Und wenn er das gut macht, wird er erst mal unser Stellvertreter bleiben."

Gegen Hoffenheim fiel er durch einen missglückten Abstoß ins Seitenaus und eine Unsicherheit bei einem Fernschuss von Babel negativ auf, zeigte unter den Augen der Tribünengäste Tschauner und Heerwagen ansonsten aber eine ordentliche Leistung. "Es tut mir gut zu spielen, wenngleich es nach den Trainingseinheiten auf Kunstrasen fußballerisch etwas ungewohnt war", so Pliquett. "Dass der Verein nachgebessert hat, ist legitim und aus Sicht der Verantwortlichen auch richtig. Aber für mich hat sich dadurch nichts verändert. Ich muss einfach nur meine Leistung bringen und Bälle festhalten." Pliquett steht vor drei wegweisenden Wochen.

FC St. Pauli - TSG Hoffenheim 1:2 St. Pauli: 1. Halbzeit: Pliquett - Volz, Zambrano, Thorandt, Kalla - Boll, Bruns - Schindler, Kruse, Naki - Ebbers. 2. Halbzeit: Pliquett - Thorandt (57. Rothenbach), Morena, Gunesch, Schachten - Funk, Daube - Bartels, Kruse (71. Filipovic) - Sliskovic, Saglik. Hoffenheim: 1. Halbzeit: Starke (23. Haas) - Johnson, Williams, Conrad, Braafheid - Weis, Salihovic - Mlapa, Musona, Vukcevic - Ibisevic. 2. Halbzeit: Haas - Beck, Williams (63. Strobl), Verstergaard, Braafheid - Rudy, Kaiser - Johnson (63. Gyau), Musona (63. Wieser), Babel - Firmino. Tore: 0:1 Salihovic (36., FE), 1:1 Schindler (43.), 1:2 Babel (86.). SR.: Sönder (Kiel). Z.: 13 856.