Sportchef Helmut Schulte orientiert sich trotz unterschiedlicher Voraussetzungen vor allem in der Nachwuchsarbeit am Klub aus Gelsenkirchen.

Hamburg. Es war ein Interview, das beim FC St. Pauli für Gesprächsstoff sorgte. DFB-Sportdirektor Matthias Sammer hatte in der Freitagsausgabe des Abendblatts dem Kiezklub ein großes Kompliment für dessen Bekenntnis zu deutschen Talenten ausgesprochen und explizit die Arbeit von Trainer Holger Stanislawski und Sportchef Helmut Schulte gelobt. Natürlich zur Freude der Verantwortlichen bei St. Pauli. "Wenn unsere Arbeit über die Stadtgrenzen hinaus Anerkennung findet, ist das natürlich schön", sagt Stanislawski. "Das Umfeld, der Verein, die Mannschaft - alle haben sich so ein Lob hart erarbeitet. Wir versuchen einfach, aus unseren Möglichkeiten das Beste zu machen."

Möglichkeiten, die vor allem finanziell begrenzt sind, was laut Stanislawski bedeutet, dass man bei "Braun-Weiß" eben keinen Etat von 20 Millionen Euro, ein Stadion mit Dach oder ein Trainingsgelände mit 25 Plätzen habe. Dies sind Sphären, in denen sich Klubs wie der FC Schalke 04 tummeln, der - wenn es die Witterungsbedingungen zulassen - an diesem Sonntag (14 Uhr/live im NDR-Fernsehen und im Live-Ticker auf abendblatt.de) zu einem Testspiel am Millerntor antritt.

Bei allen netten Worten Sammers auf der einen und den unterschiedlichen Rahmenbedingungen auf der anderen Seite gibt es einiges, was sich St. Pauli bei Schalke abschauen kann. Das weiß niemand besser als Sportchef Helmut Schulte, der mehr als zehn Jahre als Trainer und Nachwuchskoordinator in Gelsenkirchen arbeitete. Ganz oben auf seiner Liste der nachahmungswürdigen Dinge steht dann auch die Jugendarbeit.

"Schalke gehört europaweit zu den Vereinen, bei denen es die meisten Nachwuchsspieler in den Profifußball geschafft haben", erklärt der 52-Jährige. "Und was gibt es Schöneres, als einen Jungen zu sehen, der die Nachwuchsabteilung durchläuft und dann irgendwann in der Bundesliga spielt." Vor allem, wenn sich das Ganze am Ende auch noch finanziell rentiert. Auf Schalke sei die Jugendarbeit zu einer regelrechten "Cash Cow" geworden, so Schulte, weil die Youngster eben nicht nur bei den eigenen Profis aufliefen, sondern auch zu anderen Vereinen transferiert wurden.

Sogar Stars wie Torhüter Manuel Neuer oder Verteidiger Benedikt Höwedes schafften aus dem eigenen Nachwuchs den Sprung nach oben. "Die können jetzt auf Schalke darauf zurückgreifen, was wir damals aufgebaut haben", meint Schulte. "Wir versuchen, uns bei St. Pauli auch so gut aufzustellen, dass am Ende einige durchstoßen." Ziel sei es, in jedem Jahrgang zunächst elf Spieler aus der Region zu finden, die das Potenzial für höhere Aufgaben haben. Daraus soll sich dann mindestens ein Talent in die Profimannschaft vorarbeiten. "Wenn wir einen langen Atem haben, können wir so zumindest von der Idee her dahin kommen, wo Schalke ist."

Neben der Jugendarbeit sei auch die allgemeine Struktur des FC Schalke 04 vorbildlich, meint Schulte: "Ich habe da gelernt, wie man einen Verein führt." Kontinuität bei den verantwortlichen Personen sei besonders wichtig. Allerdings dürften diese bei allem Drang zum sportlichen Erfolg die wirtschaftlichen Verpflichtungen nicht aus dem Auge verlieren. Und genau hier verliert Schalke seine Vorbildfunktion. Im Herbst mussten eine städtische Energiegesellschaft und ein Kreditinstitut mittels einer Beteiligung am Stadion dem Klub aus den größten Schwierigkeiten helfen, die sich aus Schulden von etwa 140 Millionen Euro ergaben. Was man daraus lernen kann, wird der einst notorisch klamme FC St. Pauli aus eigener Erfahrung wissen.