Zweitligaklub FC St. Pauli und Vermarkter Upsolut streiten. Der Vertrag zwischen beiden Parteien wird als sittenwidrig bewertet.

Hamburg. Die Fronten sind verhärtet, es herrscht Funkstille. Zweitligaklub FC St. Pauli und Vermarkter Upsolut kommunizieren seit Wochen nur noch über ihre Anwälte. Am Donnerstag reichte der Verein eine Feststellungsklage beim Landgericht Hamburg ein. Der vorläufige Höhepunkt im Streit zweier Parteien, deren gemeinsame Geschichte im Jahr 2000 als gleichberechtigte Partner der Merchandising GmbH und Co. KG beginnt.

Der Streitwert

Es geht um die Beteiligungsverhältnisse in der KG. Der Verein möchte mehr vom Umsatz profitieren. Im Jahr 2008 setzte die Gesellschaft 5 582 018,03 Euro um, allein 5 520 273,03 Euro mit St.-Pauli-Produkten. Die Gewinnbeteiligung des Klubs nimmt sich mit 60 546,98 Euro verschwindend gering aus, zusätzlich kassierte der FC eine Lizenzgebühr von 170 211,99 Euro. St. Pauli ist seit fünf Jahren nur mit zehn Prozent beteiligt.

Die Historie

Im Jahr 2000 musste der Verein die Vermarktungs- und Merchandising-Rechte von Präsident Heinz Weisener zurückkaufen. Der hatte dem Klub in den Jahren zuvor Finanzspritzen mit zweistelligem Millionenvolumen (DM) verabreicht und als Sicherheit die Rechte erhalten. Aufgrund finanzieller Probleme Weiseners musste St. Pauli die Rechte zurückkaufen, besaß aber kein Kapital. Vermarkter Upsolut gab dem Klub ein Darlehen von 2,6 Millionen DM. Der Preis: 50 Prozent der Merchandising- und Vermarktungsrechte wurden für zehn Jahre abgetreten. Letztgenannte erwarb der Klub zwar vier Jahre später wieder zurück, gab dafür aber weitere Anteile an den Merchandisingrechten ab. Upsolut hielt 90 Prozent, von denen nach einem Teilverkauf an die Textilfirma Miles 51 Prozent übrig blieben. Das Darlehen war mit einer Verzinsung von drei Prozent über dem EZB-Basissatz 2004 zurückgezahlt worden. Nachdem das Verhältnis in den vergangenen Jahren immer mehr abgekühlt war, kündigte St. Paulis Präsident Corny Littmann am 4. August 2009 an, eine eigene Produktlinie mit dem Namen "Millerntor-Stadion" auf den Markt bringen zu wollen. Upsolut verhinderte dies am 20. August per einstweiliger Verfügung.

Der Vertrag

Beim Abschluss 2004 wurden nicht nur die Beteiligungsverhältnisse auf dem Merchandisingsektor von 50:50 auf 90:10 modifiziert, sondern auch die Laufzeit ausgeweitet. Der Verein erhält zehn Prozent sowie für Produkte mit dem Vereinswappen oder dem markenrechtlich geschützten Totenkopf eine Lizenzgebühr von 20 Prozent vor Steuern, allerdings abzüglich aller Betriebskosten. 2008 blieben am Ende effektiv nur 3,1 Prozent übrig. Upsolut kann alle sechs Monate aussteigen, St. Pauli den Vertrag nur zum Jahr 2034 kündigen. Nach Abendblatt-Informationen verlängert sich der Vertrag zusätzlich um 20 weitere Jahre, sollte der Klub nicht den Gewinn der letzten drei Jahre vor Vertragsende als Auslöse zahlen. Aktuell wären das mehr als zwei Millionen Euro.

Die Klage

Von der nun eingereichten Klage erhofft sich der Verein zwei Entscheidungen. Zum einen soll festgestellt werden, dass sich die Bindungswirkung nur auf die beiden Marken (Wappen und Totenkopf) bezieht und es dem Verein damit erlaubt wäre, eigene Vertriebskanäle zu öffnen. Zum anderen soll entschieden werden, dass der Vertrag von 2004 nicht wirksam ist. Dies könnte sogar die Aufhebung des Vertrags zur Folge haben. Zudem erhielt Upsolut vom Klub eine Abmahnung, in der die mangelnde Transparenz im Rahmen der jährlichen Abrechnungen gerügt wird.

Das Gutachten

Nach Abendblatt-Informationen liegt seit der vergangenen Woche die Expertise eines anerkannten Gutachters vor. Der befand den Vertrag mit Upsolut als sittenwidrig und bewertet Vertragslänge und Verlängerungsklausel als Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Sowohl Präsident Corny Littmann als auch Geschäftsführer Michael Meeske wollten das Gutachten weder dementieren noch bestätigen. Upsolut-Vertreter waren zu keiner Stellungnahme bereit. Das Wort haben die Richter.

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