Vor dem Nordderby spricht Bremens Geschäftsführer über das Pokalaus am Millerntor, die erfolgreiche Arbeit des Kiezklubs.

Abendblatt: Herr Allofs, Sie haben jahrzehntelang Pferde gezüchtet. Finden Galopprennen auch auf gefrorenem und verschneiten Geläuf statt?

Klaus Allofs: Nein, natürlich nicht. Da steht die Gesundheit der Tiere im Vordergrund. Aber ich weiß worauf Sie hinauswollen. Beim Pokalspiel 2006 am Millerntor gegen St. Pauli spielten kommerzielle Interessen eine Rolle.

Abendblatt: St. Pauli gewann damals auf Eis und Schnee mit 3:1. Sind Sie ein schlechter Verlierer?

Allofs: Nein, das Ausscheiden war ärgerlich, und natürlich waren die Siegchancen St. Paulis auf diesem Boden höher. Aber uns ging es bereits im Vorfeld um das Risiko der Spieler. Und leider sind wir durch Miroslav Kloses Schulterverletzung dann ja auch bestätigt worden.

Abendblatt: Sie sollen damals Schiri Felix Brych gesagt haben, dass er Schuld sei, wenn Deutschland nicht die WM gewönne.

Allofs: Schöner Blödsinn! Ich habe nur auf das Verletzungsrisiko hingewiesen, im Speziellen das für Nationalspieler. Dr. Brych wurde damals im Regen, oder besser gesagt: im Schnee, stehen gelassen.

Abendblatt: Wie viele potenzielle deutsche Nationalspieler hat Werder heute?

Allofs: Wiese, Frings, Mertesacker und Özil. Marin und ein Fritz in Lauerstellung. Wir haben zuletzt mit neun deutschen Spielern in der Startaufstellung gespielt.

Abendblatt: Wiese und Frings?

Allofs: Am Wochenende in Leverkusen hat man gut sehen können, welche Rolle ein Frings zu spielen vermag. Jogi Löw war ja im Stadion. Auch beim WM-Turnier 2010 wird man erfahrene Spieler benötigen.

Abendblatt: Torwart Tim Wiese wurde zuletzt nicht mehr nominiert.

Allofs: Ja, aber ihm ist gesagt worden, dass er noch einmal eine reelle Chance bekommen wird. Warten wir doch einfach ab, was passiert.

Abendblatt: Offen ist auch noch, wer neuer HSV-Sportchef wird. Ein reizvoller Posten?

Allofs: Gar kein Thema. Mein Vertrag bei Werder läuft bis 2012.

Abendblatt: Zurück zu St. Pauli: Gibt es nun die Schnee-Revanche?

Allofs: Nein, die hat es ja bereits 2007 mit dem Pokalsieg unserer U 23 gegeben. Und die Schuld lag 2006 zu einem großen Teil beim DFB. Heute würde das Spiel bei solchen Verhältnissen sicher nicht mehr angepfiffen. Aber das ist alles lange her, wir haben seitdem über 100 Spiele absolviert.

Abendblatt: Eine Zeit, in der sich St. Pauli beträchtlich entwickelt hat. Der mittelmäßige Regionalligaklub steht auf Platz drei der Zweiten Liga.

Allofs: Ja. Bei St. Pauli haben sie erkannt, dass es nicht ausreicht, nur besonders und anders als die anderen zu sein, wenn man erfolgreichen Fußball spielen will. Und ohne das neue Stadion am Millerntor ist eine kontinuierliche Entwicklung nicht möglich. Man muss Geld verdienen, um sich gewisse Spieler erlauben zu können.

Abendblatt: Hat Werder sich in den Jahren weiterentwickelt? Oder ging es darum, den hohen Level zu halten?

Allofs: Dann hätten wir ja schon nach dem Double 2004 unsere Arbeit einstellen müssen. Hier in Bremen wird immer gebaut. Am Stadion wie auch an der Mannschaft. Wir waren fünfmal in Folge in der Champions League dabei, haben ein Europapokalendspiel erlebt und sind deutscher Pokalsieger geworden. Es gibt auf deutscher, ja sogar auf europäischer Ebene nicht viele Klubs, die eine solche Bilanz vorweisen können.

Abendblatt: Ist es für Werder in der Liga schwieriger geworden, sich durchzusetzen?

Allofs: So ist es. Der Konkurrenzkampf ist gestiegen, weil die Spitze breiter ist. Mit Hoffenheim und Wolfsburg gehören zwei Klubs dazu, die vorher nicht auf der Rechnung standen. Beide verfügen über einen Etat, den sie sich nicht ganz so hart erarbeiten mussten, wenngleich sie dieses Geld auch gut eingesetzt haben.

Abendblatt: Haben Sie in diesem neuen Umfeld mal darüber nachgedacht, mit Werder finanziell mehr Risiko zu gehen? Stichwort: Schalke 04.

Allofs: Nein. Wir gehen unseren Weg weiter. Hier ist nichts verpachtet oder auf Jahre hinaus vergeben. Werder setzt auch in Zukunft auf eine einnahmenabhängige Ausgabenpolitik. Die Risiken bleiben überschaubar. Und das hat in der Vergangenheit ja auch ganz gut funktioniert, oder?

Abendblatt: Nicht zuletzt deswegen genießt Ihr Verein auf St. Pauli auch Vorbildfunktion. Freut Sie das?

Allofs: Wir haben Erfolg, ohne Schulden aufgetürmt zu haben. Da ist es doch klar, dass andere das auch anstreben. Dazu kommt unsere Kontinuität in der Personalpolitik.

Abendblatt: A propos Personal. Hätten Sie gern einen St. Pauli-Spieler?

Allofs: Wir hätten Max Kruse sehr gern behalten. In ihm steckt noch eine Menge Potenzial. Er konnte sein wahres Gesicht bei uns nicht zeigen.

Abendblatt: Weil er nicht mehr daran geglaubt hat, noch eine realistische Chance zu bekommen.

Allofs: Zugegeben, es ist nicht einfach bei uns. Aber nehmen Sie einen Özil oder einen Bargfrede. Sie haben die Chance genutzt.

Abendblatt: Der war auch bei St. Pauli schon ein Thema. Gab es ein Angebot ?

Allofs: Mag sein, das ist dann über das Nachwuchsleistungszentrum und nicht über meinen Tisch gelaufen. Und glauben Sie mir: Wenn man den Verantwortlichen von St. Pauli eins nicht vorwerfen kann, dann ist es fehlende Hartnäckigkeit.

Abendblatt: Besteht die Gefahr, den Zweitligadritten zu unterschätzen?

Allofs: Da muss sich niemand Hoffnungen machen. Wir sind gut informiert. Und wenn wir alle Dinge richtig machen, kann der Sieger nur Werder Bremen heißen.

Abendblatt: Was wissen Sie über das Team von Holger Stanislawski?

Allofs: Es hat sich entwickelt, ist sehr offensivstark. Aber ich muss es zugeben, die Zweite Liga verfolge ich nur in der Sky-Konferenz.

Abendblatt: Regelmäßig?

Allofs: Na klar, ich schaue alles, was läuft. Das ist Pflichtprogramm. Inland, Ausland, Liga, Pokal. Freitags, samstags, sonntags.

Abendblatt: Was hält Ihre Lebensgefährtin davon?

Allofs: Bei mir kann ja wohl keiner sagen, dass er überrascht wäre. Manchmal sitzen wir sogar gemeinsam vor dem Fernseher.

Abendblatt: Dort hätte es am Mittwoch wohl eine Übertragung im Free-TV gegeben, hätte Werder bei St. Pauli antreten müssen. Wie denken Sie über ein generelles Heimrecht für unterklassige Vereine?

Allofs: Die Frage ist, was wir ausspielen wollen: Einen Wettbewerb, den am Ende die beste Mannschaft gewinnt. Oder wollen wir alles den kleinen Klubs geben. Es ist gut so, wie es ist. Wir haben letztes Jahr nie zuhause gespielt, am Ende aber alles gewonnen.

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