Er hat starke Werte im Zweikampf (59 Prozent gewonnen). In den ersten vier Spielen hatte er die meisten Ballkontakte aller St.-Pauli-Spieler (303).

Hamburg. Er stabilisiert hinten die Abwehr und gibt ständig Impulse im Spiel nach vorne. Er spielt die meisten Pässe und erzielte bereits drei Tore. Matthias Lehmann ist der starke Mann im starken Zentrum des Teams von Holger Stanislawski. Aber ist er auch der neue Spielmacher im Trikot des Zweitliga-Tabellenführers? "Nein, das bin ich nicht", sagt Lehmann bescheiden. "Das ist Charles Takyi vorne, und Fabian Boll und ich sind das momentan hinten."

Doch gerade in den Spielen, in denen Takyi krank oder gesperrt fehlte, war es Lehmann, der das Zepter in der Zentrale schwang - auch offensiv. Sowohl beim 2:1 zum Saisonauftakt gegen Ahlen als auch beim jüngsten 4:0 in Karlsruhe erzielte Lehmann entscheidende Treffer. Er verkörpert genau das, was St. Pauli im bisherigen Saisonverlauf auszeichnet. Sein Spiel ist eine nahezu perfekte Symbiose aus sicherer Defensive und kreativer, zielgerichteter Offensive. "Ich fühle mich in beiden Bereichen sehr wohl und versuche immer, die richtige Mischung zu finden", sagt der frühere Aachener.

Von der Enttäuschung bei der Alemannia, wo er vergangene Saison ziemlich kalt abserviert wurde, hat sich Lehmann in Hamburg bestens erholt. Der Liebhaber schneller Autos mag die Großstadt, bisher konzentriert er sich aber einzig auf den Fußball. Denn Lehmann ist ehrgeizig. Sein Ziel ist es, wieder in der Bundesliga zu spielen. "Das muss der Anreiz eines jeden Spielers sein", sagt er. Mit 1860 München und Aachen durfte er bereits Bundesligaluft schnuppern, hat zwei Abstiege miterlebt. Klar, dass er die Klasse auch mal in die andere Richtung wechseln möchte. "Im Moment spielen wir gut, haben Erfolg, trotzdem ist noch lange nicht alles perfekt", sagt er. "Aber es ist unsere Motivation, so perfekt wie möglich zu spielen." Dass im Umfeld des Klubs jetzt über den Aufstieg geredet wird, lässt ihn nicht kalt. Es bringe zwar nichts, jetzt schon in die Zukunft zu schauen. "Aber wenn wir uns konstant so weiterentwickeln", so glaubt er, "spielen wir eine gute Saison."

Menschlich fügt sich der Schwabe nahtlos in das Mannschaftsgefüge ein. Er ist kein Ja-Sager, fordert immer das Maximum von sich und anderen, bleibt dabei aber realistisch. Stanislawski war schon nach dem ersten Treffen "komplett überzeugt" von Lehmann. Als Neuling musste er sich zu Anfang erst orientieren, seinen Platz finden und die Charaktere der Mitspieler durchdringen. Dabei kommt ihm zugute, dass er offen, aber auch zurückhaltend sein kann. Er hat kein Problem, sich unterzuordnen und gleichzeitig immer seine Meinung zu sagen. Es liegt im Naturell des 26-Jährigen, Verantwortung zu übernehmen.

Sowohl bei 1860 als auch in Aachen war Lehmann Kapitän. Eine Anerkennung, die er aber nicht braucht, um sich akzeptiert und respektiert zu fühlen. "Dazu muss ich nicht im Mannschaftsrat sein", sagt Lehmann. "Jeder bringt sich hier ein. Deshalb spielen wir auch so gut." Dabei darf es gerne auch mal laut werden. "Wenn ich schlecht spiele, will ich, dass die anderen mich auch anbrüllen." Bisher gab es dazu kaum einen Grund.

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