Ein Kommentar von Lutz Wöckener

Sicher, André Schubert ist ein unbequemer Typ. Einer mit Ecken und noch mehr Kanten. Ein Perfektionist, ein Pedant, der zu oft vergaß, dass er es beim FC St. Pauli nicht mit Maschinen zu tun hat. Seinem Titel des Fußballlehrers wurde er so nur zur Hälfte gerecht. Niemand wird dem versierten Sachverständigen die Fachkompetenz absprechen. Schubert seziert diesen Sport förmlich, täglich auf der Suche nach Verbesserungen. Ein Pädagoge aber muss Wissen auch vermitteln, begeistern, formen. Schubert scheiterte als Führer einer heterogenen Gruppe, nicht als Fußballtrainer.

Und doch können sie bei St. Pauli etwas elementar Wichtiges von dem nonchalanten Kasseler lernen. Jene Offenheit, Direktheit und Ehrlichkeit, mit der er aneckte, geht zu vielen im Klub ab. Niemand führte mit dem Trainer ein Gespräch, monatelang wurde die Kritik nur durch die Büros getuschelt. Ein Armutszeugnis, das dem Verein auch viele Spieler ausstellen. Keiner spricht unbequeme Wahrheiten aus. Wann hat man den Präsidenten zuletzt Stellung beziehen hören? Zu welchem Thema positioniert sich eigentlich mal der Sportchef? Vieles wird ausgesessen, bis nichts mehr geht. Die Folge: Missverständnisse, Schuldzuweisungen, verletzte Eitelkeiten. Die Trainerfrage ist nur eine von vielen. Angesichts der Vielzahl wechselwilliger Profis und der bereits seit 2011 bekannten Vorwürfe an Helmut Schulte sind so viele Brandherde da - man weiß gar nicht, wo zuerst gelöscht werden soll.

Schubert wird heute in den Spiegel schauen können. Andere müssen sich auf der Pressekonferenz den Fragen stellen - oder eben wieder nicht ...