Die Freude über und bei Gerald Asamoah war kaum steigerungsfähig, nach seinem Jahr auf St. Pauli ist davon aber fast nichts mehr geblieben.

Hamburg. Zuletzt versagte er sogar dort, wo er seinen Plan lange Zeit tatsächlich hatte umsetzen können: auf dem Fußballplatz. Gerald Asamoah ging unter. Er, der brachiale Strafraumwühler, der clevere Zweikämpfer, emotionale Heißsporn und sechsfache Saisontorschütze, tauchte ab. "St. Pauli ist ein geiler Klub. Ich freue mich auf die Saison, will hier Spaß haben und mithelfen, etwas aufzubauen", hatte der 32-Jährige nach elf Jahren bei Schalke 04 im Sommer 2010 offensiv verkündet. Freude und Spaß waren jedoch schnell vergangen. Bei Asamoah selbst, vor allem aber beim Großteil seiner neuen Mannschaftskollegen. Am Ende wurde auch noch das sportliche Ziel, der Klassenerhalt, verfehlt. Asamoah und der FC St. Pauli - letztlich bleibt nicht mehr als ein großes Missverständnis.

Die Idee, dass die Verbindung zwischen dem in der Öffentlichkeit deutschlandweit beliebten Ex-Nationalspieler und dem Kiezklub funktionieren würde, erwies sich als königsblauäugig. Zu groß war der Unterschied zwischen den Welten in Gelsenkirchen und Hamburg. "Es war nicht das, was ich mir vorgestellt hatte", gibt Asamoah zu, "im Vergleich zu Schalke sind die Abläufe schon etwas anders hier. Ich habe Sachen kennengelernt, die ich nicht kannte. Positive wie negative."

Überrascht war vor allem aber auch die Gegenseite. Der Neuzugang kapselte sich abseits des Platzes von Beginn an ab, umgab sich im Berufsalltag neben seinem Freund Charles Takyi ausschließlich mit Nachwuchskräften wie Deniz Naki, Davidson Drobo-Ampem, Carlos Zambrano oder Max Kruse, allesamt St. Paulianer am unteren Ende der Mannschaftshierarchie. "Hier gibt es sehr viele Spieler, die schon lange da sind. Ich habe versucht, mein Bestes zu geben. Aber ich bin in eine Gemeinschaft gekommen, in der sich schon viel eingespielt hatte", erklärt Asamoah und kommt zu einer überraschenden Feststellung: "Innerhalb einer Mannschaft gibt es Cliquen, das ist ganz normal."

Weniger normal fanden die Kollegen das Verhalten in der Kabine. Statt des netten, lustigen, stets grinsenden Spaßfußballers aus dem Fernsehen erlebten sie einen unzufriedenen Stänkerer, der sich immer wieder über den unprofessionellen Verein und die fehlende Qualität der Nebenleute echauffierte. Langjährige Mitarbeiter des Funktionsteams beklagten sich bei der sportlichen Leitung über mangelnden Respekt und schlechtes Benehmen. Einige Spieler versuchten anfangs noch gegenzusteuern, lieferten sich auch auf dem Trainingsplatz verbale Auseinandersetzungen, resignierten aber schnell.

Asamoah wollte auf dem Spielfeld führen, forderte nach ersten Einsätzen im Mittelfeld einen Platz im Angriff. Daneben verlor er früh das Gefolge. Er forderte Respekt und Anerkennung, Disziplin und profihafte Einstellung, konterkarierte die Werte aber durch sein eigenes Verhalten. "Es war ein Versuch, der leider nicht geklappt hat", sagt Asamoah schulterzuckend, "vielleicht bin ich auch selbst schuld, dass ich nicht mal was mit anderen Spielern außerhalb unternommen habe."

Wohin ihn der Weg nun führt, sei völlig offen. Eine Rückkehr zu Schalke, das Ausland, sogar St. Pauli bleibe eine Option: "Ich bin von mir selbst enttäuscht, schäme mich für das 1:8 gegen Bayern. Möglicherweise bleibe ich auch noch ein Jahr. Ich mache mir Gedanken, ob ich nicht etwas zurückgeben sollte." Späte Einsicht, die unabhängig von der Ernsthaftigkeit wohl keine Nachsicht nach sich ziehen wird. Asamoah und St. Pauli werden sich trennen. "Wir hatten nicht genügend Qualität in beiden Strafräumen", so die kurze Saisonanalyse von Trainer Holger Stanislawski. In dem einen stand meist einer: Asamoah. Und das wie auch neben dem Platz ziemlich allein.