Hamburg. Auch am Montag wurde noch heiß über die zwei Handelfmeter beim 2:3 gegen Werder Bremen diskutiert. Was der Sportvorstand anregt.

Auch am Tag nach dem 2:3 des HSV gegen Werder Bremen gab es rund um den Volkspark nur ein Thema. Die beiden Handelfmeter, die maßgeblichen Anteil daran hatten, dass der ewige Nordrivale im Volksparkstadion eine kleine Party mit den Fans feiern konnte. "Die Szenen sind unglücklich gelaufen und haben die Statik des Spiels verändert. Ich hätte das Thema aber nicht als Erstes angesprochen, weil es sonst so aussieht, dass man sich in Ausreden flüchtet", erklärte Sportvorstand Jonas Boldt (39), nachdem er in der Medienrunde zu der Thematik befragt wurde.

Die beiden Handelfmeter bewertet der 39-Jährige ganz unterschiedlich. Während er den von Mittelfeldstabilisator Jonas Meffert (27) verursachten Elfmeter für eine klare Fehlentscheidung hält, konnte er den von Bakery Jatta verursachten Strafstoß nachvollziehen. "Beim zweiten Elfmeter ist es keine Absicht, der Ball geht normalerweise zehn Meter über das Tor, aber der Arm ist einfach zu weit oben. Dann musst du es so akzeptieren", gestand Boldt ein.

Weit weniger leicht zu akzeptieren war das aberkannte Tor zum vermeintlichen 1:1 durch Moritz Heyer. Zuvor soll HSV-Mittelstürmer Robert Glatzel Bremens Verteidiger Ömer Toprak in Werder-Keeper Jiri Pavlenka geschubst haben. "Das ist ein normaler Zweikampf, auch wenn es nicht ganz schlau aussieht. Aber er pfeift viel zu früh hab. Ich habe das Gefühl: Wir haben dreimal verloren, und in allen Spielen muss ich mich mit strittigen Schiedsrichterentscheidungen auseinandersetzen. Wenn etwas zu unseren Gunsten hätte entschieden werden müssen, wird nicht zum Monitor gelaufen. Das ist ärgerlich", sagte Boldt.

HSV-Chef Boldt ist für die Einführung eines Profi-Schiedsrichters

Was den HSV-Chef – wie einen Großteil aller Fußball-Fans – allerdings richtig nervt: Die immer verwirrender werdenden Handspielregeln, die immer wieder modifiziert, aber kaum verständlicher werden. Boldt ist Mitglied in der Kommission Profifußball, die sich mit der Entwicklung im Fußball beschäftigt. Bei diesen Meetings waren in der Vergangenheit auch Schiedsrichter-Chef Lutz-Michael Fröhlich und Schiedsrichter-Beobachter Lutz Wagner mit dabei, um am Diskurs über Regelauslegungen mitzumachen.

"Es ist echt ein Fortschritt zu erkennen, seit die beiden dabei sind. Aber es braucht halt Zeit", äußerte sich Boldt verständnisvoll, der noch einmal betonte, dass er ein Verfechter des Profischiedsrichters ist, der hauptberuflich das Amt ausübt.

Während in den Sozialen Netzwerken Schiedsrichter Daniel Siebert vonseiten der HSV-Fans massiv kritisiert wurde, gab es von Boldt dagegen Lob. "Ich fand es richtig gut, wie er schon im Spiel Feuer rausgenommen hat. Das spricht für ihn und seine Erfahrung. Ich sehe nur die Bewertung anders. Nach dem Spiel wusste er, dass alles gegen uns gelaufen ist. Beim zweiten Elfer hatte er sicher ein mulmiges Gefühl, aber der war wie gesagt klarer", sagte Boldt.

Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Heidenheim 34 / 67:36 / 67
2. Darmstadt 98 34 / 50:33 / 67
3. HSV 34 / 70:45 / 66
4. Düsseldorf 34 / 60:43 / 58
5. FC St. Pauli 34 / 55:39 / 58

Sportvorstand nimmt HSV-Mannschaft nach Derbyniederlage in Schutz

Die dritte Saisonniederlage allein auf die umstrittene Schiedsrichterentscheidung zu legen, würde dem Spiel aber nicht gerecht werden. Gerade in der ersten Halbzeit war Werder Bremen die überlegene Mannschaft. Der HSV hat kaum Lösungen gefunden, war fahrig im Passspiel, was die clever spielenden Bremer eiskalt ausgenutzt haben. "Wir befinden uns in einer Entwicklungsphase, haben eine sehr jungen Mannschaft, die Spaß bringt, die sich wehrt. Das hat man in den letzten Spielen gesehen. Da haben kleine Nuancen entschieden. Wir müssen gucken, dass wir die Stellschrauben in die richtige Richtung drehen, und über 90 Minuten konstanter spielen", analysierte Boldt.

Nach zuletzt zwei sieglosen Spielen in Folge und dem Absturz auf Rang vier, fühlen sich die Fans wie in einer HSV-Version des Filmklassikers "Und täglich grüßt das Murmeltier". Immer wenn es in die Crunchtime geht, spielen die Nerven nicht mit. Da muss vor allem auch Trainer Tim Walter (46) gegenstreuern. "Tim Walter interessiert die selbsterfüllende Prophezeiung, die in Hamburg außergewöhnlich ist, herzlich wenig. Wir haben eine Idee, wie wir spielen wollen, da werden wir weiter dran festhalten. Wir können das alle gut einordnen", so Boldt.

Finanziell und sportlich wichtiges Pokalspiel steht vor der Tür

Viel Zeit zum Nachdenken hat der HSV ohnehin nicht. Bereits am Mittwoch (18.30 Uhr, Sky und Liveticker auf abendblatt.de) steht das wichtige DFB-Pokal-Viertelfinale gegen den Karlsruher SC vor der Tür. Eine Partie, die finanziell und sportlich extrem reizvoll ist. "Ich sage immer, dass es nach einer Niederlage das Schönste ist, wenn man drei Tage später wieder spielen kann", erklärte Boldt, der eindringlich vor dem Ligakonkurrenten KSC warnt. Im Achtelfinale schaltete Karlsruhe den Bundesliga-Topclub Bayer Leverkusen aus. "Wir haben ein spannendes Pokalspiel gegen einen hochmotivierten Gegner. Das wird alles andere als ein Selbstläufer. Wir freuen uns drauf, haben uns diese Spiele auch erarbeitet", sagte Boldt.