Hamburg. So eng war es an der Spitze der Zweiten Liga zu diesem Zeitpunkt der Saison noch nie. Das macht es spannend – und vergleichsweise leicht.

Am Fußball der 2. Bundesliga gibt es sicher manches zu kritisieren, an der Spannung aber nicht. Zwei Punkte trennen nach dem 21. Spieltag den Tabellenersten Darmstadt vom Tabellensechsten Heidenheim. Und mittendrin: die beiden Hamburger Stadtrivalen.

Tabellenspitze 2. Bundesliga:
1. SV Darmstadt 21 Sp. / 45:27 / 39 Pkt.
2. FC St. Pauli 21 / 42:29 Tore / 38
3. Werder Bremen 21 / 41:29 / 38
4. HSV 21 / 39:20 / 37
5. FC Schalke 21 / 42:25 / 37
6. 1. FC Heidenheim 21 / 28:26 / 37

Schon am kommenden Wochenende können sich die Bundesliga-Anwärter der Hinrunde plötzlich in der Verfolgerrolle wiederfinden – und umgekehrt. So eng ging es seit Einführung der Dreipunkteregel 1995 im Aufstiegskampf noch nie zu, wie die "Bild"-Zeitung herausgefunden hat.

Die Wahrheit ist aber wohl auch: Das Niveau an der Spitze war lange nicht so niedrig. Letztmals hatte 2007/08 ein Tabellenführer der 2. Bundesliga weniger Punkte nach 21 Spieltagen gesammelt als jetzt Darmstadt (Borussia Mönchengladbach/38).

HSV News: Bundesliga-Aufstieg günstig zu haben?

Im Vorjahr hatte der HSV zum gleichen Zeitpunkt schon 42 Zähler auf dem Konto und war damit als Tabellenführer gleichauf mit Bochum und Kiel. Die damals viertplatzierte SpVgg Greuther Fürth hatte so viele Punkte wie jetzt Darmstadt – was am Ende immerhin zum Aufstieg reichte, während der HSV noch einbrach.

Die schwächere Ausbeute der Spitzenclubs dieser Saison lässt sich nicht nur mit dem Konkurrenzkampf erklären. Als 2011/12 Düsseldorf die 2. Liga nach 21 Spieltagen mit 44 Punkten anführte, folgten Fürth (43), Frankfurt (43), St. Pauli und Paderborn (jeweils 42) mit ebenfalls aufstiegsreifen Zwischenbilanzen.

So günstig wie jetzt war der Aufstieg also vermutlich lange nicht mehr zu haben. Und einiges spricht dafür, dass der HSV trotz – oder wegen? – der schlechteren Ausgangsposition diesmal seine Chance nutzt.

  • Die Form: Der HSV hat wie Schalke drei der letzten fünf Ligaspiele gewonnen, unter anderem gegen das bisherige Spitzenduo St. Pauli und Darmstadt. St. Pauli blieb im gleichen Zeitraum sogar sieglos. Allerdings: Werder Bremen ist unter dem neuen Trainer Ole Werner noch konstanter (sechs Siege nacheinander). Auch beim kommenden Gegner Heidenheim (Sonnabend, 13.30 Uhr/Liveticker bei Abendblatt.de) geht der Trend nach oben (sechs Siege aus den vergangenen acht Spielen).
  • Das Programm: Der HSV trifft nur noch zweimal auf einen Aufstiegsrivalen – jeweils zu Hause gegen Heidenheim und Bremen. Alle anderen Bundesliga-Anwärter treten mindestens viermal gegeneinander an. Werder und Heidenheim treffen sogar fünfmal auf direkte Konkurrenten, jeweils nur einmal im eigenen Stadion.
  • Das Personal: Trotz der vielen Ausfälle hat sich die Hamburger Abwehr stabilisiert. Die einstigen Ersatzleute Miro Muheim und Mario Vuskovic beispielsweise haben ihre Rolle in der Mannschaft längst gefunden – und Stürmer Robert Glatzel seine Treffsicherheit spätestens nach seinem historischen Viererpack in Darmstadt.
  • Die Ausgangslage: In den vergangenen drei Jahren schien der HSV in der zweiten Saisonhälfte zu verkrampfen und verlor das Aufstiegsrennen auf der Zielgeraden. Die Verfolgerrolle könnte der Mannschaft besser liegen als die des Favoriten, darauf lässt auch der leidenschaftlich erkämpfte Sieg im Stadtderby gegen St. Pauli schließen. Hinzu kommt: Auf den Absteigern Werder und Schalke dürfte noch größerer Druck lasten.
  • Der Fußballgott: Hätten die Schiedsrichter immer richtiggelegen, läge der HSV jetzt auf einem Aufstiegsrang. Das haben die Macher der "wahren Tabelle" errechnet. Zwar wäre die Punktzahl mit 37 die gleiche, allerdings wurde von den Topteams demnach nur Darmstadt (40) benachteiligt, während alle anderen Konkurrenten weniger Punkte haben müssten – Heidenheim sogar nur 32. Da sich Fehlentscheidungen im Lauf einer Saison bekanntlich ausgleichen, hat der HSV da vielleicht noch etwas gut.
  • Die Taktik: Nach einigen schmerzhaften Rückschlägen hat Trainer Tim Walter seinen Stil modifiziert. Statt riskanten Hurra-Fußballs mit vielen Positionswechseln steht der HSV jetzt geordneter, ohne das Angriffsspiel zu vernachlässigen. Die Gefahr, eine Führung noch zu verspielen, wie in dieser Saison bereits siebenmal geschehen,scheint dadurch gesunken zu sein.

Ob das alles zum Aufstieg reicht? Werden wir vermutlich erst im Mai wissen. Bis dahin bleibt es sicherlich: spannend.