Der HSV hat in München auf ein Wunder gehofft, dann aber sein blaues Wunder erlebt: Das 0:8 war die höchste Niederlage der Clubgeschichte. Das Protokoll des Scheiterns

München/Hamburg. Es war ein Spiel für die Geschichtsbücher. So begann der Abendblatt-Artikel an gleicher Stelle vor zwei Jahren, als der HSV bei der Mutter aller Niederlagen mit 2:9 in München vom Platz gefegt wurde. Was damals noch niemand ahnen konnte: Tatsächlich schaffte der HSV das nicht für möglich gehaltene Kunststück, sogar diese Blamage noch zu toppen: 0:8! In Worten: NULL zu ACHT! Die Chronologie eines Tages der Schande.

11.27 Uhr: Nachdem bekannt wird, dass Xabi Alonso das übliche Anschwitzen an der Säbener Straße abbrechen muss, hoffen viele HSV-Fans mehr denn je auf das Wunder. Beim Wettanbieter Tipico, der mit der Traumquote von 270:10 lockt, gehen noch eine ganze Reihe von Wunderwetten auf den HSV ein.

14.10 Uhr: Im Presseraum der Allianz-Arena werden die Aufstellungen verteilt. Unter den Reportern herrscht Ungläubigkeit über die HSV-Aufstellung ohne den zuletzt so starken Slobodan Rajkovic und mit Talent Ronny Marcos, der Arjen Robben verteidigen soll.

15.30 Uhr: Anpfiff. Bayern spielt mit einem 2-4-4-System. Nur Medhi Benatia und Holger Badstuber spielen hinten.

15.50 Uhr: Ausgerechnet Marcos springt der Ball gegen die Hand. Thomas Müller verlädt Torhüter Jaroslav Drobny beim Strafstoß – 0:1.

15.52 Uhr: Ivica Olic signalisiert, dass er ausgewechselt werden muss. Während Nicolai Müller bereits am Rand wartet, läuft der nächste Bayern-Angriff.

15.53 Uhr: Drobny kann Müllers Schuss nur abklatschen, Mario Götze setzt nach und trifft per Picke zum 0:2.

16.04 Uhr:Ashton Götz versucht Gegenspieler Juan Bernat an der gegnerischen Eckfahne zu tunneln und verliert dabei den Ball. Über Götze und Müller gelangt der Ball zu Robben, der Talent Marcos schwindlig spielt und aus 25 Metern trifft: 0:3.

16.15 Uhr: Halbzeit.

16.30 Uhr: Marcell Jansen steht am Mittelkreis und schwört seine Kollegen auf eine bessere zweite Halbzeit ein.

16.32 Uhr: Robben tanzt erneut Marcos aus und trifft mit dem rechten Fuß ins kurze Eck – 0:4.

16.35 Uhr: Bayerns Fans singen: „Hamburg, Zweite Liga, oh wie ist das schön, euch nie mehr zu sehen.“

16.40 Uhr: Götz verliert den Ball am eigenen Strafraum. Robben spielt die komplette HSV-Defensive aus, passt zu Schweinsteiger, der weiter zu Müller – und der trifft schließlich zum 0:5.

16.41 Uhr: Nur 62 Sekunden später macht Robert Lewandowski das 0:6.

16.42 Uhr: Joe Zinnbauer erlöst Marcos und wechselt Matthias Ostrzolek ein.

16.54 Uhr: Joker Ribéry staubt einen Schuss Lewandowskis ab – 0:7.

17.13 Uhr: Götze sorgt für den Schlusspunkt: 0:8. Noch nie hat der HSV in seiner Historie so hoch verloren.

17.16 Uhr: Direkt nach dem Schlusspfiff versammelt Trainer Zinnbauer seine Spieler auf dem Rasen. „Ihr müsst in die Kurve“, sagt der Coach.

18.31 Uhr: HSV-Chef Dietmar Beiersdorfer lässt sich in den Katakomben der Arena befragen. „Emotional ist es mehr als eine Niederlage“, sagt Beiersdorfer, der aber zugibt: „Als Arjen Robben ausgewechselt wurde, musste ich kurz selbst überlegen, was ich mache. Ich bin dann ebenfalls aufgestanden und habe geklatscht.“

19.20 Uhr: Marcelo Díaz verlässt als letzter Hamburger die Kabine. Der Chilene, der wie alle Profis Interviews ablehnt, hat Tränen in den Augen.

21.20 Uhr: Die HSV-Profis gehen an Bord der Maschine LH2086. Einige angeheiterte Anhänger im hinteren Teil des Flugzeugs singen: „Wir wollen die Mannschaft sehen.“

22.48 Uhr: Der HSV landet mit leichter Verspätung in Hamburg. Ein Fan ruft: „Kopf hoch, es kann nur besser werden.“ Ein anderer Fan antwortet: „Schlimmer geht es ja auch nicht mehr.“