Neuzugang Marcelo Díaz aus Chile soll dem HSV sofort helfen. Last-minute-Transfers schlugen in Hamburg selten ein

Hamburg. Im alltäglichen Sprachgebrauch spielt das kleine Wörtchen „Drücker“ nur selten eine Rolle. Einen größeren Bekanntheitsgrad hat da schon die Redewendung „auf den letzten Drücker“. Laut Lexikon steht der Ausdruck symbolisch für den Türgriff des letzten Wagens eines abfahrenden Zuges, den man im letzten Moment noch zu erreichen versucht. Ebenso gut könnte er symbolisch für die Einkaufspolitik des HSV in der Fußball-Bundesliga stehen. Am Montag schloss um 18 Uhr das Fenster der Wintertransferperiode. Und die Hamburger wurden ihrem Ruf als Meister des Schlussverkaufs mal wieder gerecht.

Nachdem bereits am Freitag, einen Tag vor dem Rückrundenstart, der Wechsel von Ivica Olic vom VfL Wolfsburg zum HSV offiziell vermeldet wurde, haben die Hamburger am Montag wie erwartet mit dem Chilenen Marcelo Díaz vom FC Basel einen weiteren Spieler verpflichtet. Auf den letzten Drücker. Wie schon in der Hinrunde. Wie schon so oft in den vergangenen Jahren. „Natürlich hätten wir die Spieler gerne früher bei uns gehabt“, sagte HSV-Trainer Joe Zinnbauer am Montag, „aber wir mussten aufgrund von Verletzungen improvisieren. Jetzt gilt es, die Neuen schnell zu integrieren.“

Während die Integration von Rückkehrer Olic nicht schwerfallen dürfte, sieht das bei Díaz schon anders aus. Der 28 Jahre alte Mittelfeldspieler hat genau zwei Tage Zeit, sich an die Mannschaft zu gewöhnen. Am Mittwoch (20 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) steht der HSV in Paderborn nach der 0:2-Niederlage gegen Köln schon gewaltig unter Druck. Für Díaz, den Sportdirektor Peter Knäbel für zwei Millionen Euro aus Basel loseisen konnte, sei das kein Problem. „Ich mag Druck“, sagte Díaz bei seiner Präsentation im Volkspark. Der 1,66 Meter kleine Nationalspieler brennt auf sein Debüt für den HSV. „Ich bin ein Siegertyp, der immer gewinnen will. Egal ob im Spiel oder im Training.“

Der Transfer ging am Montag reibungslos über die Bühne. Über das Transferabgleichungssystem TMS des Weltverbandes Fifa wurde der Vertrag mit Laufzeit bis 2017 fixiert. Pünktlich um 12 Uhr stand der Name Marcelo Díaz dann auch auf der Transferliste der Deutschen Fußball-Liga DFL. Den Medizincheck hatte Díaz bereits am Wochenende absolviert, Spieler, Vereine und Berater waren sich ebenfalls frühzeitig einig. Schließlich musste am Montag auch noch die Arbeits- sowie die EU-Aufenthaltsgenehmigung geregelt werden.

Ob Díaz in Hamburg auf Anhieb und ohne Anpassungsprobleme zum erhofften Leistungsträger wird, ist ungewiss. Beim Training am Montagnachmittag trug er bereits das rote Leibchen der A-Elf. Zinnbauer deutete an, dass er Díaz wohl direkt in die Startelf einbauen wird. „Wir haben mit ihm Qualität geholt. Warum sollte er nicht spielen?“, sagte Zinnbauer. Díaz sei ein erfahrener Mann, der beim Champions-League-Achtelfinalisten Basel immer eine gute Rolle gespielt habe, bis er einem Systemwechsel zum Opfer fiel und nur noch selten zum Einsatz kam. Für den HSV war es so möglich, einen Spieler zu verpflichten, der im Sommer nach einer guten WM mit Chile mehrere Anfragen internationaler Topclubs ablehnte. Da sollte es die Hamburger nicht weiter stören, dass der Wechsel nun erst am letzten Tag der Transferperiode klappte. Man kennt das schließlich beim HSV.

Bereits im Sommer hatte Zinnbauers Vorgänger Mirko Slomka mehrere Wochen Zeit, aus einem großen Kader eine funktionierende Einheit zu formen. Um nach dem ersten Heimspiel gegen Paderborn (0:3) zu realisieren, dass die Einheit nicht funktioniert. Was folgte, waren die Last-minute-Transfers von Lewis Holtby von Tottenham Hotspur und Julian Green vom FC Bayern München. Während Hoffnungsträger Holtby in der Hinrunde weitestgehend enttäuschte, spielte Green gar keine Rolle. Auch der Brasilianer Cléber, der erst nach dem Saisonauftakt gegen Köln geholt wurde, brauchte mehrere Monate, um in Hamburg anzukommen. Im vergangenen Winter kamen die Leihspieler Ola John und Ouasim Bouy erst im Laufe der Vorbereitung – und floppten maßlos. Nun darf Marcelo Díaz sein Glück als Soforthilfe versuchen. „Ich fühle mich körperlich gut und bin topfit“, sagte Díaz.

Damit hat er seinem neuen Mitspieler Pierre-Michel Lasogga einiges voraus. Der Stürmer, der nach überstandenen Muskelproblemen wieder den Anschluss sucht, ist eines der wenigen Beispiele von Last-minute-Transfers, die beim HSV funktionierten. Im September 2013 holte der damalige Sportchef Oliver Kreuzer Lasogga auf Leihbasis aus Berlin. Der Angreifer schlug sofort ein und rettete dem HSV mit 13 Saisontoren die Klasse. Nach wochenlanger Pause ist Lasogga nun wie ein weiterer Neuzugang und könnte in Paderborn in der Startelf stehen. Trainer Zinnbauer wollte sich am Montag noch nicht festlegen: „Wir brauchen ihn, wollen aber kein Risiko eingehen.“

Was der HSV schnell braucht, sind Punkte. Damit der Klassenerhalt in diesem Jahr nicht wieder erst auf den letzten Drücker gelingt.