Nach den zunehmenden Verletzungssorgen beim HSV wurde noch mal über die Winterverkäufe nachgedacht. Der Verkauf des Routiniers soll kein Thema mehr sein. Dagegen darf ein anderer den Verein verlassen.

Dubai. Das Interesse am HSV war groß. Die auflagenstarken „Gulf News“ und „Albayan“ waren in den extra präparierten Tagungsraum des Meydan-Hotels gekommen, ebenfalls das Fußballmagazin „Sport 360“, der „kicker“ Dubais, und auch der TV-Sender MBC. Als Gesprächspartner standen den arabischen Medienvertretern Trainer Joe Zinnbauer, Sportchef Peter Knäbel, Kapitän Rafael van der Vaart und, ganz überraschend, auch Marcell Jansen zur Verfügung. „It has been difficult in the last years“, antwortete Jansen in perfektem Englisch dem „Albayan“-Reporter, der nach dem Bundesliga-Abstiegskampf der vergangenen zwei Jahre fragte. Auf Deutsch: Es war schwierig in den vergangenen Jahren.

Marcell Jansen ist wieder wichtig. Ein wenig überraschend ist das schon. So verging während des Winterlochs kaum ein Tag, an dem nicht über einen möglichen Wechsel Jansens zu Benfica Lissabon und auch Tolgay Arslans in die Türkei spekuliert wurde. „In die ganze Sache ist viel hineininterpretiert worden“, sagt Jansen dem Abendblatt, nachdem er es sich auf der Terrasse des Meydan-Hotels gemütlich gemacht hat. „Ich habe einen Vertrag bis Sommer, deswegen war es für mich nie ein Thema. Nur wenn ich wüsste, dass der HSV mit anderen Vereinen reden will, müsste ich mich damit auseinandersetzen. Bis das nicht der Fall ist, ist die Diskussion für mich langweilig.“

Jansen, der seit 2008 beim HSV unter Vertrag steht, ist der dienstälteste Hamburger. Arslan, der ein Jahr später aus Dortmund zum HSV kam, folgt auf Platz zwei. „In den sechseinhalb Jahren in Hamburg ist viel beim HSV passiert – im Positiven wie im Negativen“, sagt Jansen, der trotz aller Rückschläge in den vergangenen Jahren viel gelernt haben will beim HSV: „Man lernt besonders viel, wenn man gerade keinen Erfolg hat“, sagt Jansen, dessen Berater tatsächlich mit Benfica verhandelt hat.

Dass nun ausgerechnet die beiden HSV-Urgesteine mit einem Wechsel in Verbindung gebracht wurden, wurmt ihn nicht. Kein aktueller Hamburger Profi hat mehr Bundesligaspiele (144) für den HSV bestritten als er. Doch Jansen kennt das Geschäft. „Wenn der HSV sagen würde, dass er noch ein bisschen Geld für mich bekommen will, dann ist das Business. Dann würde ich das natürlich machen. Es bleibt ja keiner, der nicht gewollt ist“, erklärt der bald vertragslose Ex-Nationalspieler, der kein Problem mit den täglichen Nachfragen zu seiner Person hat: „Ich habe kein ganz konkretes Angebot für den Winter vorliegen. Aber ich habe auch kein Angebot des HSV ab dem Sommer vorliegen. So ist die Situation. Dass dann Nachfragen kommen, ist doch klar.“

Allzu viele Nachfragen von Sportchef Knäbel braucht Jansen bis zur Ende der Transferfrist am 2. Februar nicht zu erwarten. „Bei Marcell gibt es nichts Neues, und da erwarte ich auch nichts Neues“, sagt Knäbel, der nach den zunehmenden Verletzungssorgen der vergangenen Tage gar kein Interesse mehr hat, den WM-Teilnehmer von 2010 abzugeben. Anders sieht dagegen die Sachlage bei Arslan aus. Der Deutsch-Türke spielt in den Plänen von Trainer Zinnbauer trotz der schweren Verletzung von Lewis Holtby keine große Rolle mehr, darf bei einem entsprechenden Angebot gehen. Ein konkretes Angebot hatte der HSV sogar erhalten, allerdings waren weder Knäbel noch Arslan von den Modalitäten überzeugt.

Das könnte sich bereits unmittelbar nach dem Trainingslager ändern. Seit Tagen verhandelt neben Trabzonspor vor allem Besiktas Istanbul mit Arslans Berater – und auch der HSV wäre bei einer Ablöse von 500.000 Euro gesprächsbereit. Das Problem: In Hamburg verdient Arslan noch bis zum Sommer rund 700.000 Euro, will in Zukunft allerdings deutlich mehr verdienen. Ob es nach der Trainingslager-Rückkehr nach Hamburg am Donnerstag trotzdem schnell gehen könnte? „Wenn sich die Sachlage konkretisiert, dann ja“, antwortet Knäbel unmissverständlich.

Im Fall Jansen, der nach Matthias Ostrzoleks Knöchelverletzung und Marcos’ Muskelproblemen beim Rückrundenauftakt gegen Köln hinten links gesetzt sein dürfte, ist mittlerweile sogar eine ganz andere Variante denkbar. Ein Angebot einer Vertragsverlängerung würde der Wahl-Rissener zumindest überdenken. „Ich spiele mit voller Leidenschaft für den HSV. Und Hamburg ist mein Zuhause“, sagt der gebürtige Gladbacher, der ohnehin nach seiner Karriere in der Hansestadt bleiben will. „Egal, was noch im Fußball passiert, Hamburg wird neben dem Rheinland immer mein Zuhause sein. Ich kann mir gut vorstellen, nach meiner Karriere in Hamburg zu bleiben.“

Jansens langfristige Zukunft in Hamburg scheint damit genauso gesichert wie die kurzfristige. Nur über die mittelfristige Zukunft ab Sommer gibt es noch keine verlässliche Aussage – nicht mal für die arabische Fachpresse.