HSV-Vorstand Joachim Hilke im Abendblatt-Gespräch über Hauptsponsor Emirates, Investor Kühne, die Campus-Verzögerung und einen neuen TV-Geld-Verteilerschlüssel.

Dubai. Am Sonnabend war der Wüstentrip von Joachim Hilke schon wieder beendet. Kurz vor dem Rückflug in die Kälte gab der Marketingvorstand des HSV dem Abendblatt ein Interview.

Hamburger Abendblatt: Herr Hilke, braun sind Sie in Dubai aber nicht geworden ...
Joachim Hilke: Ich war hier ja nicht zum Sonnenbaden. In Dubai ging es um die Arbeit und nicht um meinen Teint.

Hat sich der Dubai-Trip denn aus Sicht des HSV-Marketingvorstands gelohnt?
Hilke: Dank Emirates und Dubai-Tourism hatten wir ausgezeichnete Bedingungen, die wir nur dank unserer über Jahre gewachsenen Beziehungen ermöglicht bekommen haben. Und diese Beziehungen galt es für mich hier noch mal zu pflegen und zu intensivieren.

Über Ihr Abendessen mit Hauptsponsor Emirates weiß man, dass es Steaks und Käsekuchen gab. Wurde zudem noch eine Vertragsverlängerung als Extra-Nachtisch in Aussicht gestellt?
Hilke: Selbstverständlich haben wir auch die aktuelle Situation besprochen und gemeinsam darüber beraten, wo es hingehen soll. Es war ein wirklich guter Austausch. Wir sind auch ein wenig stolz darauf, dass sich eine weltweite Marke wie Emirates schon seit so langer Zeit mit uns assoziieren will.

Die Partnerschaft besteht seit 2006. Wann braucht der HSV Planungssicherheit, ob der 2016 auslaufende Vertrag von Emirates verlängert wird?
Hilke: Spätestens im Herbst müssen wir wissen, wo die Reise hingeht. Voraussichtlich im Frühling fliegen wir wieder nach Dubai – dann werden wir wohl nicht nur informell zu Abend essen.

Hertha BSC hat gerade bekannt gegeben, dass der Hauptsponsorenvertrag mit der Bahn nicht verlängert wird. Täuscht der Eindruck oder wird die Vermarktung der Bundesligabrust schwieriger?
Hilke: Die zwei oder drei Spitzenclubs werden von den Topmarken regelrecht umworben, der Rest hat es deutlich schwieriger. Der Gesamteindruck täuscht also nicht: Die Volumina der großen Verträge bei den großen Clubs nehmen zu, die der mittleren Verträge nehmen eher ab.

Ist der zunehmende Erfolg von gesponserten Retortenclubs für die Traditionsvereine eine Gefahr?
Hilke: Ganz generell sollten sich die Traditionsclubs überlegen, wie sie sich mit dieser neuen Situation auseinandersetzen. Man kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sehr unterschiedliche Voraussetzungen gibt. Dabei ist es ja unstrittig, dass vor allem die Traditionsvereine den emotionalen Wert der Bundesligen ausmachen. Und nur durch Emotionen wird das Produkt Fußball verkauft. Deswegen halte ich es für legitim, dass man in absehbarer Zeit über einen neuen Verteilerschlüssel für die TV-Einnahmen verhandelt.

Im kommenden Jahr werden die 2017 auslaufenden Rechte neu verhandelt. Werden Sie mehr Geld für die Traditionsvereine fordern?
Hilke: Darüber muss gesprochen werden. Der HSV wird sich für einen neuen Schlüssel einsetzen, weil wir das Gefühl haben, dass wir in Bezug auf unsere mediale Aufmerksamkeit nicht entsprechend honoriert werden. Wir sind immerhin einer der Hauptquotenbringer im Pay-TV. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Trotz der vergangenen Saison mit Tabellenplatz 16 hatten wir die zweitgrößte Reichweite aller Bundesligaclubs. Das sagt doch alles.

Bereits 2010 hat Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke mehr Geld für Traditionsclubs gefordert. Warum ist seitdem nichts passiert?
Hilke: Wir brauchen einen Konsens in der Liga. Diesen erreicht man nicht durch lautes Trommeln, sondern durch vernünftige Gespräche. Diese Gespräche wollen wir proaktiv anschieben. Momentan werden wir als Traditionsverein eher benachteiligt als bevorteilt.

Wie meinen Sie das?
Hilke: Von allen 18 Bundesligavereinen mussten wir in der Hinrunde die meisten Spiele am Sonntag bestreiten, obwohl wir in keinem europäischen Wettbewerb vertreten sind. Der Grund ist doch klar: Der quotenschwierigere Sonntagnachmittag kann nur durch attraktive Spiele mit Traditionsclubs wie dem HSV aufgewertet werden. Dabei verlieren wir pro Sonntagsspiel Einnahmen zwischen 150.000 und 250.000 Euro. Bei sechs Sonntagsspielen, die wir in der Hinrunde bestreiten mussten, kann sich jeder selbst die Differenz ausrechnen.

Halten Sie unabhängig von den TV-Geldern die finanziellen Möglichkeiten von Clubs wie Leipzig, Wolfsburg und Ingolstadt für Wettbewerbsverzerrung?
Hilke: Nein. In diesen Städten wird offensichtlich ausgezeichnet gearbeitet. Viel wichtiger ist es, auf uns selbst zu schauen und uns selbst wettbewerbsfähig zu machen.

Ist die Diskussion aus Hamburger Sicht nicht ohnehin bigott? Immerhin versucht auch der HSV alles, um strategische Partner zu finden.
Hilke: Daraus haben wir ja auch nie ein Geheimnis gemacht. Es ist aber ein Prozess, die passenden Partner zu finden. Deswegen war uns bei der Ausgliederung so wichtig, dass wir uns nach Jahren der Grabenkämpfe und der internen Streitigkeiten endlich wieder Loyalität, Glaubwürdigkeit und Seriosität erarbeiten. Wir wollen möglichen Interessenten signalisieren, dass der HSV nun endlich mit einem geschlossenen Auftreten punkten kann. Das ist auch wichtig, um die Hamburger Unternehmen wieder von einer Partnerschaft mit dem HSV zu überzeugen. Es geht nicht nur um die ganz großen Marken.

Herr Hilke, Hand aufs Herz: Wie groß war die Enttäuschung, als sich Klaus-Michael Kühne dagegen entschieden hat, sein Darlehen in Anteile umzuwandeln?
Hilke: Herr Kühne war und ist einer unserer wichtigsten Partner. Mit seiner Entscheidung kurz vor Weihnachten hat er dem HSV ja nicht seine Zuneigung entzogen. Herr Kühne wird dem HSV weiter eng verbunden bleiben.

HSVPlus hat im Wahlkampf vor der Ausgliederung suggeriert, dass der HSV durch Anteilsverkauf entschuldet wird und der Campus die Zukunft absichert. Die Wirklichkeit sieht ein halbes Jahr später ganz anders aus.
Hilke: Ich habe mich persönlich sehr früh für die Ausgliederung starkgemacht und mich dafür eingesetzt, dass am Ende fast 90 Prozent unserer Mitglieder zu dem Schluss kamen, dass dieser harte Schnitt im Sommer nötig war. Aus meiner Sicht war das Thema Investoren nur ein Nebenaspekt. Viel mehr ging es den Mitgliedern darum, dass beim HSV endlich ein Umfeld geschaffen wird, in dem Erfolg überhaupt erst möglich ist. Die gesamte Struktur musste geändert werden. Erstmals seit Jahren freuen wir uns nun darüber, dass wir uns eine innere Geschlossenheit erarbeitet haben, die für das wettbewerbsintensive Geschäft Bundesliga überlebenswichtig ist.

Im Wahlkampf wurde von Summen bis zu 100 Millionen Euro gesprochen.
Hilke: Ich bin zu 100 Prozent davon überzeugt, dass der Weg, den wir gehen, der einzig richtige ist. Diesen Weg unterstützt eine gewaltige Mehrheit der Mitglieder, auch wenn alle wissen sollten, dass wir Geduld brauchen. Mir war immer wichtig, deutlich zu machen, dass die Mitglieder wissen, dass ich, der einen guten Teil des kommerziellen Geschäfts zu verantworten hat, total hinter diesem Weg stehe. Wenn wir diesen Prozess vorantreiben, haben wir eine ausgezeichnete Ausgangsbasis.

Können Sie denn die Mitglieder verstehen, die sich beim Thema Campus getäuscht fühlen?
Hilke: Wir sind absolut in der Verpflichtung, diesen Campus zu bauen. Für uns ist dieses Zukunftsprojekt eines der wichtigsten. Und der Zeitverzug, das können Sie mir glauben, ärgert mich selbst am allermeisten.

Sie sind der einzige Verantwortliche, der nach der Ausgliederung bleiben durfte und dessen Vertrag sogar um drei Jahre verlängert wurde. Fühlen Sie sich nicht verantwortlich für die katastrophale Bilanz der Jahre davor?
Hilke: Natürlich fühle ich mich mitverantwortlich. Umso größer ist jetzt mein Ansporn, beim Aufbau mitzuhelfen. Ich habe mich zur Ausgliederung bekannt, weil ich den Eindruck hatte, dass wir uns als Club selbst zerstören. Deswegen brauchten wir diesen Neuanfang.