Mit einem Sieg in Freiburg könnte sich der HSV so weit von der Abstiegszone absetzen wie seit August 2013 nicht mehr

Hamburg. Eigentlich ist es ein ganz normales Auswärtsspiel, das dem HSV am Sonnabend beim SC Freiburg (15.30 Uhr/Sky live und Liveticker auf abendblatt.de) bevorsteht. Eines, das die Hamburger durchaus gewinnen könnten, wie sie so viele der letzten Auswärtsspiele gegen schlagbare Gegner hätten gewinnen können. Haben sie aber sehr oft nicht. „Uns fehlte auswärts oft die Konzentration über die vollen 90 Minuten“, erklärte Trainer Joe Zinnbauer am Donnerstag. Die gilt es gegen die Breisgauer nun länger hochzuhalten – denn mit einem Sieg könnte der HSV in gänzlich vergessene Sphären der Tabelle vorstoßen.

Man schrieb den 11. August 2013, als die Hamburger mit einem 3:3 auf Schalke äußerst vielversprechend in die letzte Saison gestartet waren und sich nach dem ersten Spieltag auf Tabellenplatz neun wiederfanden. Der damalige Trainer Thorsten Fink, der das Jahr zuvor mit dem Bundesliga-Dino als Tabellensiebter abgeschlossen hatte und ohnehin als gnadenloser Optimist bekannt ist, hätte zu diesem Zeitpunkt wohl nie damit gerechnet, dass seinem Club die schlechteste Spielzeit der Bundesligahistorie bevorsteht – und diese Platzierung bis heute nie wieder erreicht wurde. An zwei Spieltagen schaffte es der HSV noch auf Platz elf, doch da war Fink schon wieder Geschichte.

Nun ergibt die Konstellation des 15. Spieltags, dass sich die Hamburger realistische Hoffnungen machen können, am Sonntagabend tatsächlich mal wieder auf den zehnten Rang vorzurücken – das wäre die beste Platzierung seit fast eineinhalb Jahren. Freiburg kommt gelegen: Der Sportclub ist nicht wirklich in Form, belegt nur einen Relegationsplatz und konnte erst ein Heimspiel gewinnen. Die besser platzieren Kölner (12., auswärts auf Schalke) und Paderborner (10., auswärts in Wolfsburg) sind bei ihren Partien klare Außenseiter und Mainz 05 (11.) ist nach dem schwachen Auftritt in Hamburg letzte Woche gegen den VfB Stuttgart auch nicht unbedingt der große Favorit. Sollte der HSV als Dreizehnter also seinen Part erfüllen, ständen die Chancen gut, die untere Tabellenhälfte mit 18 Punkten künftig anzuführen.

Doch Zinnbauer ist nach den letzten Enttäuschungen auf fremden Plätzen bescheiden geworden. „Die Freiburger können an einem guten Tag fast jeden Gegner schlagen. Sie sind taktisch gut geschult, haben offensive Qualitäten und stehen mit und gegen den Ball sehr abgestimmt. Wir müssen realistisch bleiben, bei einem Punkt würden wir den Abstand auf Freiburg immerhin halten“, sagt der Coach. Doch kann das der Anspruch sein? Gegen wen will der HSV auswärts dann gewinnen, wenn nicht gegen einen der höchst gewetteten Abstiegskandidaten? Sich nur auf die neu gewonne Heimstärke zu verlassen wird ein Vabanquespiel. Doch wer Zinnbauer kennt, weiß, dass ihm alles andere als ein Dreier nicht wirklich schmecken würde. So kommentierte er die in dieser Woche von HSV-Gönner Klaus-Michael Kühne in der „Zeit“ geäußerte Kritik an dem Auftreten seiner Profis erstaunlich entspannt. „Kühnes Aussagen sind ja richtig. Die belasten uns nicht. Ich bin genauso wie er noch nicht voll zufrieden. Wir sind beide Erfolgsmenschen.“

Na also. Dann gilt es nur noch, das passende Personal für den zweiten Auswärtssieg der Saison zu finden. Nach dem guten Auftritt gegen Mainz kann sich Zinnbauer durchaus vorstellen, das Team im Großen und Ganzen so weiterspielen zu lassen. „Normalerweise gibt es für mich ja keinen Grund, die Formation zu tauschen, wenn ich zufrieden war. Es sei denn, einzelne Spieler ruhen sich auf dem Erfolg aus – und das werde ich bei den letzten Trainingseinheiten noch überprüfen.“ Doch am Donnerstag zeigten alle hohen Einsatz, auch Valon Behrami, der nach der Einheit grünes Licht gab. „Es sieht gut aus, ich kann spielen“, sagte der am Oberschenkel verletzte Schweizer. Er dürfte für Petr Jiracek ins Team kommen. Lediglich Nicolai Müller fehlte mit Schmerzen am Knie, soll aber am Freitag wieder mitmischen können. Da die beiden Angreifer Pierre-Michel Lasogga und Artjoms Rudnevs am Donnerstag ebenfalls in der Stammelf probten, wird Zinnbauer wohl auch auswärts an seiner offensiven Formation festhalten – ganz entgegen seiner eigenen, eher defensiven Worte. Einem Sieg und dem „historischen“ Sprung auf Platz zehn steht somit nichts mehr im Wege.