Josef „Joe“ Zinnbauer spricht über seine ersten Wochen als HSV-Cheftrainer. Am Ende zählt für ihn nur der Erfolg. Dieser Trainer ist fest entschlossen, Teil eines neuen HSV-Kapitels zu werden.

Hamburg. Joe Zinnbauer gehörte erstmals diesem elitären Kreis an. Tagung der Bundesligatrainer am Montag in Mönchengladbach: Man tauscht sich aus, bespricht Probleme, diskutiert Regelauslegungen und Sportkonzepte. Und man sagt dem einen oder anderen Hallo. Auch die derzeit arbeitslosen Thorsten Fink, Mirko Slomka und Bruno Labbadia waren dabei. „DFB-Chefausbilder Bernd Stöber hat gesagt, wenn jetzt mal bitte alle HSV-Trainer kurz rausgehen, dann sind wir gar nicht mehr so viele hier.“

Joe Zinnbauer hat gut schmunzeln. Er hat aktuell den Job, den die drei anderen Kollegen vor gar nicht langer Zeit auch mal hatten. „Man tauscht sich schon aus, das war auch wichtig für mich, weil ich den Verein ja noch nicht so gut kenne“, sagt Zinnbauer, „ja, ich habe mir auch Ratschläge geholt.“

Ob die Ehemaligen ihm viel erzählen konnten, weiß man nicht. Sicher konnten sie Tipps geben, wo in Hamburg der Latte Macchiato besonders schmackhaft ist und welche Strecke man um die Alster läuft. Ihre Voraussetzungen beim HSV waren allerdings gänzlich anders: Es handelte sich zumeist um etablierte Trainer mit großen Namen bei noch alten Strukturen.

Letztlich aber sind sie alle in Hamburg gescheitert, und in der jüngsten Krise erinnerte sich der Vorstandsvorsitzende Dietmar Beiersdorfer wieder an das „Thomas-Doll-Prinzip“. Vor fast genau zehn Jahren bereits beförderte der damalige Sportchef den erfolgreichen Coach der zweiten Mannschaft in einer Krise zum Bundesliga-Coach. Der HSV war nach acht Spieltagen Tabellenletzter, Klaus Toppmöller musste gehen, und Doll gewann sein erstes Spiel mit dem HSV bei Borussia Dortmund mit 2:0. Irgendwie kommt einem das jetzt alles äußerst bekannt vor.

Doll allerdings hatte bereits großen Kredit beim HSV-Umfeld durch seine erfolgreiche Zeit als Spieler. Er überzeugte als Trainer mit frischen Ideen, knackigen Ansprachen und ungewöhnlichen Motivations- und Teambuilding-Maßnahmen. Zinnbauer dagegen musste sich kritisch beäugen lassen, als er im Sommer vom damaligen Sportchef Oliver Kreuzer für die Regionalligamannschaft geholt wurde, er sei einfach ein Kumpel aus Karlsruhe, hieß es. Die acht Siege in den ersten acht Spielen mit dem U23-Team, das in den vergangenen beiden Jahren noch gegen den Abstieg kämpfte, überzeugten Beiersdorfer und Sportdirektor Bernhard Peters, Zinnbauer schließlich zunächst „bis auf Weiteres“ zu den Profis zu holen.

„Wenn du als Trainer den Reiz hast, Profitrainer zu werden, und dann hast du es geschafft, dann freust du dich auf die Aufgabe“, sagt Zinnbauer nach seinem vierten Spiel und dem ersten Sieg mit den Profis in Dortmund. Mittlerweile wurde ihm signalisiert, dass sein Vertrag entsprechend angepasst wird, einen Termin dafür gibt es aber noch nicht. Noch interessiert ihn das nicht, sagt er, „für mich zählt nur das nächste Spiel gegen 1899 Hoffenheim“.

Da ist jetzt jemand HSV-Trainer, der voller Selbstvertrauen den Eindruck vermittelt, ein natürlicher Cheftrainer zu sein. Der sein Ding macht, egal in welcher Liga. „Du hast als Trainer eine gewisse Philosophie, und mit der arbeitest du“, sagt er. „Es ändert sich an meiner Spielweise nichts, egal ob Regionalliga oder Bundesliga. Es ändert sich auch an meiner Führung nichts, weil ich schon seit Jahren so arbeite.“ Geändert hat sich nur der zeitliche Aufwand. „Es ist Stress, aber positiv. Ich sage nicht, es ist 20 Uhr, ich muss nach Hause. Ich sage, es ist 20 Uhr, da kann ich noch drei Stunden arbeiten.“

Zinnbauer hatte mit einer Finanzagentur bereits geschäftlichen Erfolg, er ist nicht angewiesen auf den Fußball-Job. Er lebt stattdessen einen Traum, das hilft, es schafft Unabhängigkeit und Selbstvertrauen. So etwas überträgt sich sogar bei der Ansprache gegenüber den Millionären im Umkleideraum. „Es ist wie bei der U23 auch. Jeder Spieler, der da sitzt, schaut erst einmal, was der Trainer sagt und beurteilt das dann“, schildert Zinnbauer seine ersten Kontakte mit dem Bundesligateam, „aber es bleibt den Spielern ja auch gar nichts anderes übrig: Ich bin schließlich der Trainer geworden.“

Offenbar aber hat er den richtigen Ton getroffen: „Die Mannschaft hat das System brutal schnell angenommen. Ich merke, dass sie hungrig ist nach dem, was wir uns alle in den Kopf gesetzt haben.“ Die Spieler hätten es ihm so sehr einfach gemacht, insbesondere die erfahrenen Profis wie Rafael van der Vaart, Valon Behrami und René Adler. Sie ziehen mit. Im Gegenzug lässt Zinnbauer keine Diskussionen über van der Vaart aufkommen. „Rafa ist unser Kapitän und mit Behrami zusammen unser Führungsspieler. Für mich gehört er zu den Besten in Europa.“ Der jetzt knapp zwei Wochen Zeit hat, sich im Training weiter zu empfehlen. Auch Slobodan Rajkovic mischte erstmals vorsichtig nach seinem Kreuzbandriss wieder im Training mit und hofft auf einen Einsatz „noch vor Weihnachten“.

Am Ende, das weiß auch Joe Zinnbauer, zählt nur der Erfolg. Doch dieser Trainer ist fest entschlossen, Teil eines neuen HSV-Kapitels zu werden. „Der HSV hat einen Plan für die Zukunft. Ich freue mich, mit Top-Leuten wie Beiersdorfer, Peter Knäbel und Bernhard Peters zusammenzuarbeiten. Das hat alles Hand und Fuß.“ Wahrscheinlich ist es genau das, was einigen seiner Vorgängern auch gefehlt hat.