Hoffen auf Demut im Sieg und Akzeptanz in der Niederlage

Es war kein Erfolg, es war ein Triumph. Mit 86,9 Prozent übersprang die Initiative HSVPlus die 75-Prozent-Hürde der Satzung klarer, als es selbst die kühnsten Optimisten in den Reihen des ehemaligen Aufsichtsratschefs Ernst-Otto Rieckhoff erwarten durften. Noch nie in der 127-jährigen Geschichte des HSV haben sich die Machtverhältnisse derart radikal verschoben. Die Profi-Abteilung firmiert künftig als AG mit einem völlig neuen Aufsichtsrat. Investoren können Anteile erwerben, Milliardär Klaus-Michael Kühne wird rund 20 Millionen Euro in den HSV stecken.

Nach jeder Revolution teilen sich die Lager in Sieger und Besiegte. Die Verlierer sind die Gegner von HSVPlus, allen voran Ex-Präsident Jürgen Hunke. Als Demokraten sollten sie nun diese krachende Niederlage akzeptieren und nicht ihr Heil in juristischen Scharmützeln suchen. Jede Suche nach einem rechtlichen Schlupfloch, um HSVPlus womöglich doch noch zu verhindern, würde dem Verein nur schaden.

Allerdings sollten auch die Triumphatoren des größten Mitgliederentscheids der Vereinsgeschichte den Appell ihres Initiativgründers Rieckhoff beherzigen, der im Volkspark zu „Demut“ aufrief. Die, die am Sonntag gegen HSVPlus votierten, sind keine Ewiggestrigen. Es sind Mitglieder, die den Ausverkauf der Raute fürchten, den Verlust der Seele ihres Vereins. Und gerade unter ihnen sind viele der ganz Treuen, die den HSV seit Jahr und Tag trotz Dauerkrise unterstützen. Die neue Führung darf sie auf dem Weg in eine hoffentlich bessere Zukunft nicht verlieren.

Ohnehin wäre es vermessen zu glauben, dass allein HSVPlus aus einem Abstiegskandidaten einen Anwärter für das internationale Geschäft macht. Auch der designierte Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer wird bei aller Expertise und frischen Kühne-Millionen Zeit brauchen, um den Kader nach all den Transferirrtümern der Vergangenheit wieder konkurrenzfähig aufzustellen. Dennoch wäre seine Rückkehr zum HSV das positive Signal, auf das der Verein seit Jahren wartet.