Ein Kommentar von Peter Wenig

Es ist ein Amt, um das man niemanden wirklich beneiden muss. Der Lohn sind zwei VIP-Karten nebst Parkschein, der Preis ist ungleich höher. Er reicht von Marathon-Sitzungen mit gegenseitigen Anfeindungen über heftige mediale Schelte bis hin zu Androhungen körperlicher Gewalt von Verbal-Hooligans. Die noch amtierenden Aufsichtsräte des HSV, vom Boulevard gern als Mitglieder im „Club der Ahnungslosen“ tituliert, haben all dies in den vergangenen Monaten und Jahren zur Genüge erlebt.

Insofern ist es schon fast ein kleines Wunder, dass sich überhaupt noch sechs respektable Kandidaten gefunden haben, die den Club aus der sportlich wie finanziell wohl schwersten Krise seiner Vereinsgeschichte steuern wollen. Und fast alles spricht dafür, dass das Sextett bei der Jahreshauptversammlung am 25. Mai mit überwältigender Mehrheit als Paketlösung durchgewinkt wird – zu groß ist die Sehnsucht der HSV-Mitglieder nach einem echten Neuanfang.

Den müssen die sechs Herren – schade übrigens, dass es keine Kandidatin gibt – dann allerdings auch liefern. Und das heißt vor allem: Schluss mit den quälenden Grabenkämpfen, die dem Verein so geschadet haben. Der Sechser-Rat muss eine Kultur vorleben, die der HSV dringend braucht: mit Vertrauen statt Missgunst, mit Teamgeist statt Profilneurosen, mit Visionen statt kleinkariertem Streit. Und dazu gehört auch, dass der Rat einen neuen Vorstand zwar beruft und dann kontrolliert, sich aber aus dem operativen Geschäft heraushält. Nur dann hat dieser Verein eine Chance auf eine bessere Zukunft.