Die Duelle gegen Nürnberg (14.), Stuttgart (15.) und Freiburg (17.) sind wegweisend. Lasogga fällt voraussichtlich aus

Hamburg. Selbst nach 90 Minuten hatte Mirko Slomka noch nicht genug gesehen. Die Sprintübung war gerade überstanden, da ließ der HSV-Trainer seine sichtlich erschöpften Profis noch mal in einer dritten Halbzeit gegeneinander antreten. Doch was auf Amateurplätzen eher als Duell auf den Bierbänken verstanden wird, artete auf dem Trainingsplatz neben der Arena am Mittwochmorgen ein weiteres Mal in schweißtreibende Arbeit aus. Zum dritten Mal musste Team A (ohne Leibchen) gegen Team B (mit gelben Leibchen) antreten, dann gab es noch ein ausgedehntes Auslaufen. Erst nach 105 Minuten war für die müden Fußballer Schluss, ehe es drei Stunden später in der Boxschule Wübke in Altona auch schon wieder weitergehen sollte. Hauptprogrammpunkt der Einheit der etwas anderen Art: Überlebenskampf in der Bundesliga. „Wir wollen unbedingt Platz 15 erreichen, dafür werden wir alles tun“, erklärte der neue Trainer Slomka, der auf der Zielgeraden des Abstiegskampfs offenbar bewusst noch einmal die Zügel so richtig anziehen und auf andere Reize setzen will.

Seit 23 Tagen ist der frühere Hannoveraner nun schon beim HSV unter Vertrag – und vor allem eines wurde auch am Mittwochmorgen für die rund 100 Trainingszuschauer überdeutlich: Beim HSV wird wieder gearbeitet, geschwitzt – und spätestens am Nachmittag auch gekämpft. „In der Tabelle liegen alle Mannschaften da unten so was von eng beieinander. Selbst Mannschaften, die schon glaubten, dass sie nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben, können ganz schnell wieder mittendrin sein“, sagte Slomka, „das ist unsere Chance, und die wollen wir nutzen. Niemand sollte sich sicher sein.“

Schon gar nicht Nürnberg (14. Platz/23 Punkte), Stuttgart (15./20) und Freiburg (17./19). „Jedes Spiel ist wichtig, aber diese drei Spiele haben für uns natürlich eine besondere Bedeutung“, sagte Slomka, der keinen Hehl daraus machen wollte, dass sich innerhalb von nur elf Tagen in den Duellen um den Klassenerhalt zwischen dem HSV und seinen direkten Konkurrenten eine Vorentscheidung im Abstiegskampf andeuten könnte. „Eine gute Serie in der Vergangenheit zählt jetzt nichts mehr. Die Nürnberger hatten beispielsweise eine extrem gute Serie, sind jetzt nach zwei Niederlagen aber wieder in extremer Gefahr“, sagte der Fußballlehrer vor dem Spiel gegen die Franken am Sonntag, bei denen Innenverteidiger Per Nilsson mit einem Muskelfaserriss ausfällt. Bei einem Sieg gegen Nürnberg würde der HSV erstmals nach knapp drei Monaten die Abstiegsränge verlassen, dem Club würde dagegen erstmals nach fünf Wochen wieder der Relegationsplatz drohen. „Man kann das als ein Überholspiel beschreiben. Mit einem Sieg würden wir vorbeiziehen, was uns besonders auch für die nächsten Partien Sicherheit geben würde“, so Trainer Slomka.

Ziemlich sicher für den Moment ist allerdings der voraussichtliche Ausfall Pierre-Michel Lasoggas, der sich in den vergangenen Tagen in Gelsenkirchen im Rehazentrum Medicus am gereizten Oberschenkel behandeln ließ. Am Mittwoch wurde der Torjäger erneut von Nationalmannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt in München untersucht. Das schon zuvor befürchtete Ergebnis erfuhr Slomka am Nachmittag am Telefon vom DFB-Arzt: Lasogga wird wohl auch gegen Nürnberg fehlen. „Wir wissen alle, dass Pierre ein besonderer Stürmer ist, ein Stürmer, der nie aufgibt“, sagte der enttäuschte HSV-Trainer, „deswegen ist Pierre wahrscheinlich auch gerade der unglücklichste Spieler der Bundesliga.“

Richtig glücklich wirkte dagegen nach dem Vormittagstraining wieder Rafael van der Vaart, der auf dem Weg in die Kabine mehrere Dutzend Unterschriften auf Fotos, Trikots und Fußbälle kritzeln musste. Nach seiner auskurierten Grippe gilt der zuletzt so häufig kritisierte Niederländer als gesetzt für die Partie gegen den „Club“. „Er ist und bleibt ein ganz wesentlicher Bestandteil dieses Teams. Ich habe immer gesagt, dass er den Unterschied ausmachen kann“, lobte Slomka, um nur einen Atemzug später fordernd hinzuzufügen: „Aber bei einem Spieler seiner Klasse erwarte ich auch, dass er den Unterschied ausmacht.“ So soll van der Vaart im zentralen Mittelfeld hinter dem Aushilfs-Lasogga Jacques Zoua auflaufen, im rechten offensiven Mittelfeld ist Hakan Calhanoglu gesetzt, links dürfte Ivo Ilicevic spielen.

Dass der HSV zumindest kämpferisch für die drei Endspiele gerüstet ist, daran dürfte nach der Boxeinheit am Nachmittag kein Zweifel mehr bestehen. „Das war keine Spaßeinheit“, so Slomka, „immerhin erwartet uns auch am Sonntag ein kämpferisches Duell.“