Der HSV-Trainer schützt seine Spieler vor öffentlicher Kritik, besonders seinen umstrittenen Kapitän: „Er ist kein böser Bube“

Hamburg. Vor allem hat Mirko Slomka mit sich selbst zu tun. Und mit seiner Mannschaft. „Niedergeschlagen“ seien die Spieler nach der Niederlage in Bremen gewesen, aber jetzt müsse der Blick wieder nach vorne gehen. Zwei Heimspiele stehen an, gegen Eintracht Frankfurt an diesem Sonnabend und gegen den 1. FC Nürnberg am Sonntag eine Woche später. Angesichts der prekären Tabellensituation müssen sechs Punkte aus diesen beiden Partien her.

Zu Hause soll die Mannschaft es richten, „ich spiele lieber mit 50.000 eigenen Fans als gegen 50.000 gegnerische“, sagt der Trainer, der mit Hannover zu Hause eine Macht, auswärts dagegen nur wenig erfolgreich war. Alles habe die Mannschaft schließlich noch in der eigenen Hand, sagt der Trainer. „Einen Platz sind wir schon nach vorne geklettert, seit ich hier angefangen habe“, sagt er und meint den Sprung vom 17. auf den 16. Rang, den Relegationsplatz. „Ein weiterer soll es noch sein, das ist das einzige Ziel.“

Dass bei den direkten Kontrahenten im Abstiegskampf in Frankfurt und vor allem Stuttgart Bewegung in die Trainerfrage zu kommen scheint – egal. Sagt Slomka. „Man kriegt natürlich mit, was in anderen Vereinen so los ist, am Montag war ja auch erst Trainertagung“, sagt Slomka, „ob das aber zu einem Vorteil für die eigene Mannschaft werden kann, das muss man sehen.“ Dass Armin Veh vom nächsten Gegner Eintracht Frankfurt nun erklärt hat, seinen Vertrag nicht über das Saisonende hinaus verlängern zu wollen, was bedeutet das schon? „Er macht ja immer nur Jahresverträge“, man werde es sehen, ob die Eintracht ganz was Neues mache oder die Saison zu Ende spiele.

Auch die Diskussionen beim Abstiegskontrahenten VfB Stuttgart über Trainer Thomas Schneider, der wie der HSV vor der Entlassung von Bert van Marwijk acht Mal in Folge verloren hat, verfolgt Slomka: „Wenn das Geschehen in anderen Clubs Einfluss auf uns haben sollte, werde ich es der Mannschaft gegenüber natürlich erwähnen.“

Aber am Dienstagnachmittag war es noch nicht so weit. Da war bei den verbliebenen 14 HSV-Profis, die nicht verletzt oder auf Länderspielreise waren, Arbeit auf dem Platz angesagt. Und ein Testspiel. Zweimal 30 Minuten auf dem Trainingsplatz vor der Arena. Die eigene U23 gegen das ausgedünnte Profiteam. Slomka wollte sich Eindrücke verschaffen von den Profis in Spielsituationen. Seit zwei Wochen ist er nun als Trainer beim HSV engagiert, aber noch kennt er längst nicht jeden Spieler bis in alle Einzelheiten, kann noch nicht abschätzen, wer wie in welcher Situation reagiert. „Ich möchte die Spieler bewerten, dazu gehört auch, einige in solchen Spielen zu sehen“, sagte Slomka.

Wie Ouasim Bouy, den Niederländer, der gemeinsam mit Ola John von Slomkas Vorgänger Bert van Marwijk verpflichtet wurde. „Ich habe mir auch schon ein Video von ihm in Wettkampfsituationen angesehen, um mir ein besseres Urteil zu verschaffen“, sagte Slomka. In Bremen war Bouy wie John nicht im Kader, doch Slomka kann es sich nicht leisten, auf gesunde Spieler zu verzichten. „Der Kader ist leider sehr begrenzt“, stellte Slomka fest, „deshalb habe ich auch Robert Tesche zurückgeholt.“ Jeder Mann zählt, insbesondere angesichts der Verletztenmisere. Der Ausfall von Slobodan Rajkovic (Kreuzbandriss) trifft die Mannschaft und den Trainer in seinen Planungen hart.

„Wir werden jeden Spieler hier unerbittlich unterstützen“, sagte Slomka. Unerbittlich? Rückhaltlos meint er, keinerlei öffentliche Kritik, die Spieler stärken. Wie Kapitän Rafael van der Vaart, an dem sich viel Frustration der Fans entzündet hatte. „Es ist für mich unverständlich, dass man sich so auf ihn fokussiert und den bösen Buben in ihm sieht“, sagt der Trainer. „Er will, er läuft, er arbeitet. Mir würden sogar weniger Ballkontakte von ihm reichen, wenn diese entscheidend sind.“

Beim Test gegen die U23 sahen neben etwa 200 Fans auch Vorstandschef Carl-Edgar Jarchow und Sportchef Oliver Kreuzer zu. Der Trainer stand meist neben der Bank und machte sich seine Gedanken. Es war ein kämpferisch engagierter Kick, die Profis wollten sich zeigen. Aber die Amateure gewannen verdient mit 1:0. Nils Brüning traf Mitte der zweiten Hälfte.

Mirko Slomka hat mit seiner Mannschaft noch viel zu tun. Egal, was bei anderen Vereinen passiert.