Thorsten Fink, beim HSV im Herbst entlassen, über fehlende Rückendeckung und Milliardär Kühne

Hamburg. Knapp zwei Jahre durfte Thorsten Fink den HSV trainieren. Doch nach einem holprigen Saisonstart kam für ihn das Aus – so wie am Sonnabend für Bert van Marwijk.

Hamburger Abendblatt:

Herr Fink, haben Sie Genugtuung empfunden, als Sie von der Entlassung Bert van Marwijks gehört haben?

Thorsten Fink:

Nein, so etwas ist mir fremd. Im Gegenteil: Van Marwijk tat mir leid. Zum HSV kommt jeder Trainer mit großen Erwartungen. Es ist ein großer Club, mit dem man glaubt, viel erreichen zu können. Das Problem ist allerdings auch immer dasselbe: Es wird zu viel erwartet. Als ich den HSV im Oktober 2011 auf dem letzten Tabellenplatz übernommen habe, hat Franz Beckenbauer gesagt: „Diesem Club kann nur ein Zauberer helfen.“ Obwohl ich kein Zauberer bin, haben wir den Klassenerhalt geschafft und sind im Jahr darauf Siebter geworden. Und was passiert? Ich werde nach fünf Spielen entlassen, obwohl wir den Klub eigentlich in ruhigen Fahrwassern hatten. Danach ging alles durcheinander.

Wie erklären Sie sich das?

Fink:

Es hieß nach Platz sieben aus der Vereinsspitze: „Wir sind auf Augenhöhe mit Mönchengladbach und Wolfsburg.“ Das stimmt natürlich nicht, darum wurde es schnell unruhig, als wir zum Saisonstart nur vier Punkte aus fünf Spielen holten. Die Erwartungshaltung ist zu hoch. In Hamburg müssen einige auf dem Boden bleiben, akzeptieren, wenn man zwei Jahre im Mittelfeld steht.

Was wäre geschehen, wenn der HSV Sie nicht entlassen hätte?

Fink:

Ich bin überzeugt davon, dass der HSV dann nicht da unten drinstehen würde. Wir haben immer unsere Ziele erreicht. Und das unter den gegebenen finanziellen Mitteln. Den ein oder anderen Führungsspieler auszutauschen, wie ich es gern getan hätte, war auch nicht möglich.

Wen meinen Sie?

Fink:

Das werde ich nicht sagen. Aber es gibt Spieler, die nicht die Leistung für das bringen, was sie verdienen. Das ganze Gefüge stimmt nicht. Aber das waren Fehler, die schon vor meiner Zeit gemacht wurden.

Wie haben Sie den Wirbel um Felix Magath miterlebt?

Ich bin davon ausgegangen, dass Magath mit Unterstützung von Klaus-Michael Kühne (Milliardär und HSV-Fan; die‚ Red.) beim HSV anfängt.

Was halten Sie von Kühne, der Sie damals harsch angegangen ist?

Fink:

Er ist ein Fan, der nicht besonders viel Ahnung vom Fußball hat, sich aber ohne fachliche Beratung ins operative Geschäft einmischt. Dass er sich in die Trainerfrage eingeschaltet hat, war sicher nicht zu Magaths Vorteil.

Nimmt man als Trainer wahr, wie kompliziert die HSV-Strukturen sind?

Fink:

Am Rande. Wobei ich nie Probleme mit dem Aufsichtsrat hatte. Natürlich sitzen dort Leute, von denen einige mehr Fan als Aufseher sind. Aber die Vereinsstruktur halte ich nicht für das große Problem des Clubs. Mit einem guten Trio aus Vorstandschef, Manager und Trainer könnte man dort viel erreichen. Ich will nicht sagen, dass die handelnden Personen dort schlecht sind. Aber hätte man uns damals den Rücken freigehalten, würde der Verein jetzt besser dastehen.