Ein Kommentar von Peter Wenig

Trendwende? Stimmungsumschwung? Zugegeben, nur Fantasten konnten ausgerechnet gegen den Rekordmeister wirklich daran glauben. So wird stattdessen das 0:5 im DFB-Pokal gegen die Bayern die Stimmung in der Hansestadt weiter anheizen. Und erst mit dem Spiel am Sonnabend gegen Braunschweig ihren Siedepunkt erreichen.

Dabei ist es schon jetzt schlimm genug. Wer die Blog-Einträge in den Foren über die Arbeit der Vorstände und Räte querliest, blickt vielfach in menschliche Abgründe. Die Frage, ob und wann die Vorstände und Räte nun abtreten müssen, mutiert zum Glaubenskrieg im Internet. Aus der virtuellen Kanone des Hasses wird geschossen, als gebe es kein Morgen. Vorstände oder Räte werden wechselweise als „Verbrecher“, „Verräter“ oder „Totengräber“ gegeißelt, gern ergänzt mit dem Befehl: „Jagt sie raus aus unserer Stadt.“ Geifernd fordern – natürlich anonyme – User die Namen derer ein, die sich Felix Magath als Retter widersetzen: „Nennt sie endlich!“ Dann werde man sich schon kümmern. Und wie schmal der Grat zwischen verbaler und körperlicher Gewalt ist, wurde nach dem 0:3 gegen Hertha BSC deutlich, als Ordner die HSV-Profis vor Attacken schützen mussten.

Um einem Missverständnis vorzubeugen: Harte Kritik hat sich gerade der Aufsichtsrat in den vergangenen Wochen redlich verdient. Wer den Vorstand massiv unter Druck setzt, um einen missliebigen Trainer loszuwerden, dann aber nicht einmal eine Mehrheit für Retter Magath im eigenen Gremium organisieren kann, hat einen schlechten Job gemacht.

Doch dies darf kein Grund für Beleidigungen weit unterhalb jeder Stammtischkante sein. Es kann nicht sein, dass Räte für ein höchst arbeitsintensives Ehrenamt – als Lohn gibt es nur zwei Dauerkarten nebst Parkschein – derart verunglimpft werden.

Für den HSV ist diese Entwicklung aus zwei Gründen bedrohlich. Zum einen leidet das Bild des Clubs bundes-, ja weltweit immer mehr, die Raute als große Marke wird zerstört. Und zum anderen wird sich jeder honorige Hanseat künftig fragen, ob er sich für ein solches Amt noch bewerben soll, wenn er damit rechnen muss, seine berufliche und private Integrität aufs Spiel zu setzen. Daher: Bitte abrüsten! Im Interesse des HSV.