Im Jahr 2007 gewannen die Hamburger zuletzt beim Rekordmeister und kommenden Gegner. David Jarolim wird diesen Sieg „nie vergessen“. Von den damaligen Helden ist nur noch van der Vaart übrig geblieben.

Hamburg. Eigentlich waren sie damals chancenlos. Schließlich hatte der HSV als Tabellenzehnter nur drei Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz und die Bayern waren auch in der Saison 2006/07 schon die Bayern. Zwar nicht derart dominant wie heute, doch eine Überraschung hat den Hamburgern am 31. Spieltag in München wohl niemand zugetraut.

In der Gegenwart zeigt sich ein ähnliches Bild. Der Vorsprung auf den Relegationsplatz beträgt zwar noch fünf Punkte, doch der HSV hat am Sonnabend (15.30 Uhr), genau wie vor gut sechseinhalb Jahren, eigentlich keine Chance. Dabei sind durchaus Parallelen auszumachen: Die Hamburger starteten auch damals schlecht in die Saison, nach einem Trainerwechsel (Huub Stevens für Thomas Doll) kamen sie besser in Tritt. Doch vor dem Spiel gegen den Rekordmeister galt es – wie in dieser Woche nach der Pleite gegen Augsburg – einen Rückschlag zu verarbeiten. Gegen Mainz 05 reichte es vor eigenem Publikum nur zu einem 2:2.

David Jarolim stand am 28. April 2007 in der Allianz-Arena in der Anfangsformation des HSV. Der Mittelfeldspieler erinnert sich an den bis dato letzten Erfolg beim Rekordmeister. „Wir waren klarer Außenseiter, auch wenn die Bayern damals ebenfalls eine kleine Krise hatten und nur Vierter waren. Doch wir hatten schon in der ersten Halbzeit große Chancen, auch ich hätte schon die Führung erzielen können. Doch wir gerieten durch das Tor von Claudio Pizarro in Rückstand. Wir haben dann einfach weiter an uns geglaubt und die Partie durch den Super-Treffer von Rafael van der Vaart und das Tor von Paolo Guerrero noch zum 2:1-Sieg gedreht“, sagt der 34-Jährige, der aktuell beim tschechischen Erstligisten Mlada Boleslav unter Vertrag steht. Viele Einzelheiten fielen ihm nach und nach wieder ein, etwa wie sich das Team nach dem Rückstand gegenseitig anfeuerte und Mut machte. „Das Spiel werde ich niemals vergessen“, sagt Jarolim.

Und in vier Tagen? Geht es nach Sportchef Oliver Kreuzer, kassiert der HSV mit der gleichen Leistung wie aus der Niederlage gegen Augsburg „zwölf Dinger“, was nach den Erfahrungen des letzten Auswärtsspiels in München nicht undenkbar erscheint. Das 2:9 aus dem März dieses Jahres soll an dieser Stelle nur der Chronistenpflicht wegen nochmals Erwähnung finden. Im Internet kursieren schon „Grillfest-Witze“, die sich auf das im April folgende Treffen der Profis mit den Fans beziehen, bei dem die Anhänger mit Bratwürsten und Freibier für diese historische Demütigung entschädigt werden sollten.

Jarolim hält allerdings wenig von solch einer Schwarzmalerei. „Wenn man da hinfährt und denkt, man ist chancenlos, braucht man eigentlich gar nicht hinzufahren“, sagt der Tscheche, der seinen früheren Kameraden Mut macht. „Jede Mannschaft ist schlagbar, auch die Bayern. Wer sich dort jedoch mit zehn Leuten hinten rein stellt, bekommt erst recht fünf Dinger. Das wäre eine Alibi-Taktik. Die Mannschaft muss den Mut aufbringen, selbst nach vorne zu spielen. Die Jungs sollten sich das Spiel der Mainzer in München noch mal angucken. Das ging am Ende zwar auch 1:4 verloren, doch lange Zeit kamen die Bayern mit der offensiven Verteidigung des FSV überhaupt nicht zurecht.“

Auch HSV-Idol Uwe Seeler hat zumindest noch eine Resthoffnung und sagte im HSV-Blog „Matz ab“, dass es auf die Moral ankommen wird: „Mit Kampf und Laufbereitschaft kann man vieles ausgleichen. Wir müssen Mumm haben, um dort bestehen zu können.“ Gegen Augsburg war Seeler allerdings schon nach 20 Minuten desillusioniert.

Immerhin kann Rafael van der Vaart wohl wieder dabei sein, dessen Kreativität im Spiel gegen Augsburg schmerzlich vermisst wurde. Seine Verletzung im Sprunggelenk ist auskuriert, und auch der Verlust seines ungeborenen Kindes wird ihn nicht mehr vom Fußballspielen abhalten. Am Montag absolvierte der niederländische Nationalspieler eine individuelle Einheit an der Arena im Hamburger Volkspark. Am Dienstag soll er ins Mannschaftstraining zurückkehren. „Ich denke, dass mir das Training mit der Mannschaft gut tun wird, um auch wieder auf andere Gedanken zu kommen“, sagte van der Vaart am Montag. Auch Zhi Gin Lam will am Dienstag wieder mit dem Team üben, für ihn kommt die Begegnung in München aber vermutlich zu früh.

Doch welche elf Profis auch am Sonnabend versuchen werden, das Unmögliche möglich zu machen – sie sind im Gegensatz zu den Bayern ausgeruht, die am Dienstagabend noch in der Champions League gegen Manchester City ran müssen. Vielleicht ein gutes Omen: Nach dem 3:1-Sieg im Hinspiel gegen die Engländer gaben die Bayern beim folgenden 1:1 gegen Leverkusen das zweite und letzte Mal in dieser Saison Punkte ab. Und für einen besonderen Motivationsschub ist im HSV-Archiv sicherlich auch noch eine Aufzeichnung des letzten Sieges zu finden. Bayern-Torwart Oliver Kahn sagte damals: „Wenn man sieht, mit welcher Einstellung wir das Spiel einfach herschenken und es den einen oder anderen nicht zu kümmern scheint, dann tut das schon weh.“ Diese Aussage auch am Sonnabendabend von einem aktuellen Bayern-Profi zu hören, käme aber wohl einem Wunder gleich.