HSV-Trainer van Marwijk will am Sonntag auch sein Heimdebüt gegen Stuttgart gewinnen. Die clubinterne Historie macht Mut.

Hamburg. An das erste Mal erinnert man sich im Allgemeinen gern zurück. Es kribbelt, es ist aufregend, und manch einer hat vielleicht sogar ein bisschen Angst. „Es wird natürlich ein bisschen Besonderes sein, das erste Mal hier im schönen Stadion zu spielen“, sagt auch Bert van Marwijk in perfektem Deutsch-Niederländisch vor seinem Heimdebüt mit dem HSV gegen den VfB Stuttgart (So./15.30 Uhr) im Volkspark, wo er zuletzt mit der Elftal gegen Deutschland vor zwei Jahren als Bondscoach mit 0:3 unterlegen war.

Manchmal kann ein Blick in die Vergangenheit aber auch Mut für die Zukunft machen. So hat mit Kuno Klötzer in der langen HSV-Historie gerade mal ein neuer HSV-Cheftrainer sein erstes Heimspiel verloren – zudem mussten auch die Interimstrainer Holger Hieronymus und gleich zweimal Rodolfo Cardoso eine Niederlage bei ihrem Debüt im Volkspark akzeptieren. Dagegen durften sich gleich 19 Neu-Coaches über einen Sieg beim Heimdebüt freuen, neun Duelle gingen Unentschieden aus. Erstaunlich: Unter Ex-HSV-Chef Bernd Hoffmann, der seine Trainer bekanntermaßen eher früher als später auswechselte, gab es im ersten Heimspiel sieben Siege und nur ein Remis. Unter Hoffmanns Nachfolger Carl Jarchow, der ja eigentlich für Kontinuität auf der Trainerbank setzen wollte, gab es inklusive aller Interimstrainer bei drei Versuchen nur einen einzigen Punkt.

Dass van Marwijk all diese Zahlenspielereien nur am Rande interessieren, dürfte auch damit zusammenhängen, dass ausgerechnet seine ersten Heimspiele bislang nur wenig erfolgreich waren. Gewinnen konnte er lediglich seine Heimdebüts als Trainer von Feyenoord Rotterdam, wo er zweimal unter Vertrag stand und jeweils zum Heimauftakt mit 5:0 gegen NAC Breda und Sparta Rotterdam siegte. Niederlagen setzte es dagegen mit der niederländischen Nationalmannschaft (1:2 gegen Australien), Borussia Dortmund (1:2 gegen Wolfsburg) und bei seiner ersten Profistation in Sittard (1:2 gegen Feyenoord).

Trotzdem überhaupt keine Zweifel an einem erfolgreichen Heimdebüt van Marwijks hat Sportchef Oliver Kreuzer, den der Niederländer bereits im ersten persönlichen Gespräch restlos überzeugt hatte. „Es gibt Trainer, die wollen einen Job. Und es gibt Trainer, die wollen einen Job unbedingt“, sagt Kreuzer, der sich von der akribisch und detailliert ausgearbeiteten Präsentation des ehemaligen Bondscoachs beim Kennenlerngespräch in Düsseldorf vor auf den Tag einen Monat begeistern ließ. In einem vierstündigen Gespräch, an dem auch HSV-Chef Jarchow teilnahm, stellte van Marwijk seine Gedanken zu jeden einzelnen HSV-Profi vor, präsentierte mehrere Spielsysteme und analysierte im Detail, wo sich die Mannschaft verbessern muss. „Er war bestens vorbereitet“, sagt Kreuzer, der sich nach dem Gespräch auf van Marwijk als Nachfolger Thorsten Finks festlegte. Um aber auf Nummer sicher zu gehen, erkundigte sich der Sportchef zusätzlich bei Dortmunds Vereinschef Hans-Joachim Watzke und BVB-Manager Michael Zorc, die 2004 bis 2006 mit dem Neu-Hamburger gemeinsam bei der Borussia gearbeitet hatten, sowie bei van Marwijks Landsmann Jan Wouters, mit dem Kreuzer zusammen bei Bayern gespielt hatte. Das einstimmige Urteil: sofort verpflichten.

Besonderes Gefühl unter „Papa Bert“

Auch unter den Profis, von denen van Marwijk in Abwesenheit auch mal „Papa Bert“ genannt wird, ist man sich über dessen Vorturnerqualitäten einig. So einen Trainer habe er noch nie gehabt, sagte Tolgay Arslan, der ein besonderes Gefühl bekommt, sobald der Fußballlehrer die Kabine betritt: „Wenn der Trainer jetzt was sagt, wissen alle anderen, dass sie Pause haben.“

Unter van Marwijk müssen die Spieler beim Abendessen warten, bis der letzte Spieler aufgegessen hat, bis sie aufstehen dürfen. Nach dem Training gehen die Profis gemeinsam in die Kabine, und auch bei Auswärtsspielen will der Fußballlehrer geschlossen an- und abreisen. „Der Trainer hat die nötige Distanz zu uns und ist eine absolute Respektsperson, hier herrschen klare Regeln. Das ist bei uns intern wie extern für alle das Grundgesetz“, sagte Nationaltorhüter René Adler nach dessen Rückkehr vom Länderspiel, „ich freue mich darauf, wieder qualitativ hochwertig zu trainieren. Denn wenn das irgendwann mal nicht so ist, knallt der Trainer schon ordentlich dazwischen. Darauf ist Verlass.“

Das beste Rezept gegen einen zu strengen van Marwijk: ein Heimsieg.