Jürgen Hunke stellte seinen Gegenentwurf für eine neue Vereinsstruktur vor und fordert: „Keine Investoren in den Club!“ Der Profibereich soll in Hunkes Modell als ein Organ innerhalb des Clubs etabliert werden.

Hamburg. Wenn Jürgen Hunke emotional stark bei einem Thema engagiert ist, dann bildet sich nicht nur die oft zur Schau gestellte Gänsehaut an seinem Unterarm, dann verfällt er auch in ein typisches Sprachstakkato: „Ja, ja, ja – ja.“ Am Mittwoch war wieder so ein Moment. Der Unternehmer und HSV-Aufsichtsrat hatte in die Buddha-Lounge im Galerie-Gebäude seines Mikadoverlages am Mittelweg gebeten. Japanisches Ambiente, Shoji-Wände, Buddha-Figuren und Hunke in einem weißen Sakko mit einer schwarzen Krawatte, auf der eine Uhr fünf vor zwölf anzeigte. Dann stellte er in einem knapp 30-minütigen Monolog voller Leidenschaft seine Ideen für eine Umstrukturierung des Vereins unter dem Motto „HSV – Zukunft mit Tradition“ vor.

Damit sind zwei Modelle für eine Strukturreform „auf dem Markt“. Vor einem Monat hatte der ehemalige Aufsichtsratschef Ernst-Otto Rieckhoff seinen Plan „HSVplus“ vorgestellt und sich dafür die Unterstützung prominenter Altstars wie Ditmar Jakobs, Thomas von Heesen und Holger Hieronymus gesichert, auch der ehemalige Präsident Dr. Wolfgang Klein ist bei ihm im Boot. Hunke wird öffentlich bislang nur von dem Vereinsrechtler Claus Runge unterstützt, der lange Jahre Vorsitzender des Ehrenrats im HSV gewesen ist. Mit Runges Hilfe konnte Hunke bereits eine komplett ausgearbeitete neue Satzung präsentieren: „Die Gegenseite hat nicht so ihre Hausaufgaben gemacht wie ich.“

Das Wort „Gegenseite“ ist ihm im Eifer seines Vortrages so herausgerutscht. Denn der ehemalige Vereinspräsident bemühte sich vor allem darum, das übergeordnete HSV-Interesse hervorzuheben: „Wir sind uns ja alle einig, dass es Veränderungen geben muss, dass wir den Verein einmal umdrehen und neu aufstellen müssen“, sagte er, „meine Motivation war es, eine Alternative zu schaffen. Ich hoffe, es gibt keine Spaltung im Verein.“

Tatsächlich ist der Konflikt nun aber da. „Ich kenne noch nicht die Einzelheiten“, sagte Rieckhoff am Tag danach dem Abendblatt, „aber ich glaube, dass die Mitgliedschaft sich nun zwischen zwei unterschiedlichen Modellen entscheiden muss.“

Denn während Rieckhoff den Profibereich rechtlich aus dem „e. V.“ (eingetragener Verein) ausgliedern und eine Minderheitsbeteiligung durch Investoren ermöglichen möchte, will Hunke genau dies mit aller Macht verhindern: „Wir werden auf keinen Fall Teile des Vereins verkaufen.“ Mit der Überschrift „Die Seele des Vereins ist unantastbar“ wird dieser Punkt zusätzlich emotionalisiert.

Gegen großzügige Geldgeschenke von Milliardär Klaus-Michael Kühne hätte Hunke aber nichts einzuwenden: „Ich werde versuchen, mit ihm ein Gespräch zu führen. Wir müssen das Herz eines solchen Menschen erobern. Es geht nur mit Herz und Idealismus.“ Rieckhoff, der auf eine finanzielle Beteiligung von Kühne als Investor hofft, ist deshalb „verwirrt“: „Das ist doch alles voller Widersprüche.“

Der Profibereich soll in Hunkes Modell als ein Organ innerhalb des Clubs etabliert werden. Eine bis zu vier Personen starke Geschäftsführung soll sich „ausschließlich um die Belange des Profifußballs kümmern“. Demgegenüber steht der Bereich „Mitglieder“, in dem Senioren, Förderer und Breitensportler organisiert sind und der ebenfalls von einer Geschäftsführung professionell geleitet wird. Über allem herrscht das Präsidium mit dem Präsidenten, sowie Vizepräsidenten für Finanzen und Mitglieder. De facto das wichtigste Gremium aber wird der auf sieben Personen reduzierte Aufsichtsrat, der den Vorstand der Profiabteilung und das Präsidium bestellt und kontrolliert sowie die Finanzpläne beider genehmigt. Die Aufsichtsräte werden von der Mitgliederversammlung gewählt, die Kandidaten werden aber durch einen Wahlausschuss auf ihre Eignung vorsortiert. Das ist dem Konzept HSVplus sehr ähnlich.

Der sechsköpfige Rat, der ebenfalls durch einen Wahlausschuss vorgeschlagen wird, kontrolliert dort den Vorstand der HSV-Fußball AG. „Unser Konzept soll der Startschuss für Diskussionen sein, vielleicht können wir uns ja befruchten“, sagt Hunke. Ein gemeinsames Modell ist aber undenkbar. Die Gräben zwischen den ehemaligen Aufsichtsratskollegen wirken tief. „Wenn er mit mir reden will, kann ich mir das vorstellen“, sagt Rieckhoff, „ich fürchte nur, das wird nichts bringen.“

Der HSVplus-Macher möchte bei der Mitgliederversammlung (19. Januar) die Mitglieder das Präsidium auffordern lassen, eine Satzungsänderung für die Ausgliederung vorzubereiten. Hunkes Plan sieht vor, seinen Satzungsentwurf auf der Versammlung zur Abstimmung zu bringen und eine Dreiviertelmehrheit zu erhalten. „Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass keiner eine Mehrheit bekommt“, ahnt Hunke, „und dann geht alles weiter wie bisher.“