Champions League statt Ersatzbank – weil der HSV sein Gehalt einsparen will, wechselt Dennis Aogo zu Schalke 04 und spielt künftig international.

Hamburg . „Mallorca-Posse“ wurde der Vorgang getauft. Oder auch „Mallorca-Gate". Seine zwei freien Tage auf der Deutschen liebster Urlaubsinsel nach dem 1:5-Debakel gegen Hoffenheim haben letztlich eine Kettenreaktion in Gang gesetzt, die Dennis Aogo nun von der Rothose zum Königsblauen macht. Am Mittwochabend besiegelten Spieler und Vereine das Leihgeschäft mit anschließender Kaufoption für ein Jahr. Aogo wechselt ab sofort zum FC Schalke 04. „Es gab einige Sachen in den letzten Wochen, die nicht optimal gelaufen sind“, sagte Aogo dem Hamburger Abendblatt: „Daher habe ich diese schwierige Entscheidung getroffen.“

Und obwohl der Verdacht naheliegt, ursächlich für den Transfer sei Aogos umstrittene Kurzreise – dem ist nicht so. Vielmehr war es ein bereits seit Wochen laufender Prozess. Initiiert vom HSV, um Geld zu sparen. „Es wäre geheuchelt, wenn ich sagen würde, ich wäre darüber nicht enttäuscht“, erklärte Aogo eindeutig. Der Bundesliga-Dino aber spart nun gute drei Millionen Euro an Gehalt ein. Zudem fließt eine Leihgebühr von rund 700.000 Euro in die Clubkasse. Ein gutes Geschäft für den HSV.

Aber auch Aogo kann zufrieden sein. Immerhin spielt der Linksfuß künftig wieder in der Champions League, die der FC Schalke durch das 3:2 am Dienstagabend in Saloniki erreicht hat. Seinem Ziel, sich für einen Platz im Nationalmannschaftskader für die WM 2014 in Brasilien empfehlen zu können, ist er damit einen großen Schritt näher gekommen. „Die internationale Bühne wünscht sich natürlich jeder Spieler, auch ich“, sagt er.

Heiko Westermann, Aogos Zimmernachbar beim HSV, kann den Abgang deshalb nachvollziehen: „Er macht sportlich sicher nichts falsch. Fußballspielen auf Schalke macht Spaß.“ Der ehemalige Schalke-Kapitän war der Erste, der am Dienstagabend von Aogo informiert wurde. „Ich war nicht darauf vorbereitet“, so Westermann, „und es ist schade für uns. Aber er hat hier zuletzt nicht viel gespielt. Es hatte sich angedeutet, dass etwas passieren könnte.“

Womit der HSV-Abwehrchef nicht die Mallorca-Suspendierung sondern die aktuelle Entwicklung meint. Aogo hatte zuletzt bei Trainer Thorsten Fink keine Rolle mehr gespielt. Marcell Jansen war links in der Viererkette gesetzt, davor wurden ihm Petr Jiracek und Hakan Calhanoglu vorgezogen. Und spätestens Finks Zitat („Aogo plane ich nicht mehr für hinten links ein. Da haben wir mit ihm zuletzt schlechte Erfahrungen beim 2:9 in München gemacht“) war ein mehr als deutliches Zeichen an Aogo, sich einen neuen Arbeitgeber zu suchen. Dieser Satz, verstärkt durch die Nichtnominierung gegen Hertha BSC, als Fink statt auf den Nationalspieler auf den jungen und zuvor vier Monate verletzten Zhi Gin Lam als Ersatz für Marcell Jansen setzte, ließ bei Aogo den Wunsch reifen, sich umzuorientieren.

Dabei hatte er genau das immer ausgeschlossen. Vor Jahren hatte Aogo Angebote von Juventus Turin, dem AC Mailand, aus der Premier League und der Bundesliga ausgeschlagen, „weil ich mich beim HSV heimisch fühle“, wie er betonte. Vor fünf Wochen ließ Aogo über seinen Berater Gordon Stipic Dynamo Moskau ausrichten, dass er die Offerte nicht annehmen wolle. Und das, obgleich er in der russischen „Premjer-Liga“ sein Gehalt von drei auf sechs Millionen Euro per annum hätte verdoppeln können. Es sprach eigentlich alles für eine Fortsetzung des dienstältesten HSV-Profis in Hamburg – bis Mallorca.

Am Sonntagabend nach der Hoffenheim-Pleite traf sich Aogo auf der Insel mit seinem Berater Gordon Stipic. Der HSV-Profi war unzufrieden. Obgleich er mit der Entwicklung rechnen konnte. Schließlich waren zu Beginn der Vorbereitung Kreuzer und Fink an ihn und Stipic herangetreten und hatten mitgeteilt, dass sich Aogo auch anderweitig umsehen dürfe, der Verein keine Sanktionen verhängen würde. Dennoch betonte Aogo, dass er sich beim HSV durchsetzen wolle.

Und so wurde das Hoffenheim-Spiel zum Wendepunkt. Schon auf Mallorca wurden die Pläne geschmiedet. Zumal, nachdem sich Dauerinteressent Horst Heldt gemeldet hatte. Mal wieder. Der Sportchef des FC Schalke gilt seit Jahren als großer Fan Aogos, wollte den Linksfuß auch 2008/09 verpflichten, damals für den VfB Stuttgart. Seither handelte er sich mehrere Absagen ein. Bis jetzt. „Es ist wichtig für mich zu sehen, dass meine Leistung auch mal anerkannt wird“, erklärte Aogo, der den Medizincheck um 17 Uhr bestanden hatte.

Heldt ließ es sich auch nicht nehmen, einen Seitenhieb in Richtung Fink zu geben. Auf die Frage, wofür Aogo im Schalke-Team vorgesehen sei, antwortete er: „Er kann hinten links spielen.“ Schon am Sonnabend gegen Bayer Leverkusen soll er in der Startelf stehen.

Ob der HSV bis dahin seinen neuen Stürmer hat, ist offen. Es gebe verschiedene Optionen, sagt Kreuzer. So wurde auch wieder Eren Derdiyok gehandelt. Der in Hoffenheim aussortierte Angreifer sollte dem Vernehmen nach sogar schon heute in Hamburg eintreffen. Das allerdings dementiert sein hörbar angesäuerter Berater Volker Struth, der seinen Mandanten nur als bewusst gewähltes Störfeuer der Offiziellen wähnt: „Der HSV hat und hatte nie konkretes Interesse an Eren."