Der HSV-Aufsichtsrat stimmte am Dienstag über den Auflösungsvertrag des früheren Sportchefs ab. Hauptthema aber waren die internen Differenzen.

Hamburg. Den Flug von London nach Hamburg an diesem Mittwoch hatte Frank Arnesen bereits vor ein paar Tagen gebucht. Ob er ihn aber auch wirklich antreten dürfte, erfuhr der Däne erst am späten Dienstagabend. „Der HSV hat mir ein Angebot zur Vertragsauflösung gemacht, über das der Aufsichtsrat am Abend noch endgültig abstimmen musste. Ich denke aber, dass am Ende alle Parteien zufrieden sein werden“, sagte Arnesen, der den intensiv ausgehandelten Auflösungsvertrag im Laufe des Mittwochs persönlich in Hamburg unterschreiben will.

Wie das Abendblatt erfuhr, soll der Skandinavier, dem ursprünglich bis Sommer 2014 noch 1,8 Millionen Euro zustehen, auf rund 400.000 Euro verzichten. Im Gegenzug dürfte der 56-Jährige vom 2. September an wieder eine Aufgabe übernehmen, was er aber zunächst ausschloss. „Ich habe in den vergangenen Wochen viele Angebote erhalten. Im September will ich aber noch keinen neuen Job übernehmen. Ich habe nun die Möglichkeit, mir eventuelle Offerten in Ruhe anzuhören.“

Kurioserweise dürfte nun ausgerechnet Arnesens Nachfolger Oliver Kreuzer von der plötzlichen Einigung profitieren. Immerhin hat der Sportchef des HSV nun ein 400.000-Euro-Argument mehr, mit dem er die Kontrolleure und seine Vorstandskollegen überzeugen will, doch noch zusätzliche Finanzmittel für den aus seiner Sicht dringend benötigten Stürmer bereitzustellen. Eine vom Aufsichtsrat am Abend erwartete Beschlussvorlage war am Dienstag nach der Vorstandssitzung allerdings noch nicht eingereicht worden.

Der überraschende Wechsel von Dennis Aogo als Leihspieler zu Schalke 04 soll den HSV-Etat weiter entlasten. Der Spieler war am Mittwoch nicht mehr beim Training in Hamburg und soll zum Gesundheitscheck nach Gelsenkirchen gereist sein.

„Ein möglicher neuer Stürmer muss auf jeden Fall eine weitere, sinnvolle Alternative sein“, erklärte Trainer Thorsten Fink, der im eigenen Nachwuchs derzeit niemanden mit dem nötigen Potenzial erkennt. „Es wäre einfach wichtig, wenn wir wie zuletzt mit Zoua und Rudnevs beginnen, noch jemanden in der Hinterhand zu haben.“

Wer genau das nun sein soll, dürften die Kontrolleure, die Entscheidungen im Wert von mehr als 500.000 Euro genehmigen müssen, wohl erst im Laufe der Woche erfahren. Miroslav Klose, der am Dienstag bereits auf dem Hamburger Flughafen gesehen worden sein soll und so die Hansestadt für einige Zeit in helle Aufregung versetzte, wird es jedenfalls nicht. Das Dementi des HSV folgte am Nachmittag.

Ohnehin soll es auf der Sondersitzung des Aufsichtsrats am Dienstagabend neben der abzustimmenden Arnesen-Abfindung weniger um einen möglichen neuen Angreifer als vielmehr um die Angriffe untereinander gegangen sein. Zur Erinnerung: Nach der letzten Sitzung am 1. Juli waren Interna wortwörtlich in die Öffentlichkeit gelangt, worauf mehrere Sponsoren ihr mögliches Engagement überdacht haben sollen. Dem Vernehmen nach ist dem Verein dadurch ein Schaden im Millionenbereich entstanden, für den seitdem Schuldige gesucht wurden.

Der Vorstand um HSV-Chef Carl Jarchow hatte die Kontrolleure sogar schriftlich aufgefordert, juristische Schritte prüfen zu lassen, was diese auch taten. Besonders Chefkontrolleur Manfred Ertel hatte sich im Vorfeld der Sitzung dafür starkgemacht, in der internen Affäre sämtliche zur Verfügung stehenden Mittel auszuschöpfen.

Relativ schnell konnte der mutmaßliche „Maulwurf“ enttarnt werden; ob dieser aber tatsächlich ein juristisches Nachspiel zu befürchten hat, war bis zum Ende der Sitzung am Abend nicht zu erfahren. Klar war bereits vor der Sitzung, dass es um das interne Betriebsklima schon besser bestellt war. So soll auch der Zwischenfall in der vergangenen Woche, als Kontrolleur Hans-Ulrich Klüver auf dem Weg zum Trainingsplatz neben der Arena mit einem Ordner aneinandergeraten war, innerhalb des Gremiums sehr unterschiedlich bewertet worden sein.

Spätestens bei der turnusmäßigen Sitzung am 12. September dürfte sich zeigen, ob der ohnehin in der Kritik stehende Rat nach einem „reinigenden Gewitter“ weiterhin arbeitsfähig ist. So hat sich längst eine Opposition formiert, die sich zum Ziel gesetzt hat, Aufsichtsrat und Vereinsstruktur bis zur Mitgliederversammlung im kommenden Januar zu reformieren. Der frühere Aufsichtsratschef Otto Rieckhoff will seine Reformpläne bereits in den kommenden zwei Wochen vorstellen.

Über all das braucht sich Arnesen dann keine Gedanken mehr zu machen. „Ich verlasse den Verein mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagte der Däne – und wünschte seinem ehemaligen Arbeitgeber in diesen turbulenten Tagen nur eines: „Viel Glück.“