Für den ehemaligen HSV- und Bayern-Profi ist München längst sein Lebensmittelpunkt – aber Hamburg hat er nie vergessen. Am 8. September ist er am Millerntor zu Gast.

Hamburg. Er sieht eigentlich aus wie immer. Rank, schlank, fit und immer dieses spitzbübische Lächeln im Gesicht. Brazzo, das Bürschchen, auch mit 36 Jahren. Nur wenn man ganz genau hinsieht, hat man den Eindruck, dass die Lachfalten vielleicht etwas tiefer geworden sind. Trotzdem, so sieht keine Legende aus. Hasan Salihamidzic weist dieses Etikett auch weit von sich: „Legende? So würde ich mich nie bezeichnen, das sind die, die einen WM-Titel gewonnen haben.“

Dass er nun am 8. September erstmals beim „Tag der Legenden“ (14.15 Uhr, Millerntor-Stadion) mitspielt, ist dennoch logisch. Vor einem Jahr hat er seine Karriere beendet, die ihm sechs deutsche Meisterschaften, vier DFB-Pokalsiege, den Sieg in der Champions League und den Weltpokal 2001 bescherte. Und den Aufstieg vom Flüchtlingskind aus dem jugoslawischen Bürgerkrieg zu einem wohlhabenden Publikumsliebling. 1998 wechselte er mit 21 nach München, die Anfangszeit in Hamburg, wohin er als 15-Jähriger kam, hat er jedoch nie vergessen. Vor allem nicht Felix Magath, der ihm die Chance in der Bundesligamannschaft gab: „Er spielte eine Riesenrolle für mich. Ich bin ihm unendlich dankbar.“

Längst ist sein Lebensmittelpunkt in München, die Beziehung zu Hamburg aber bleibt besonders. „Die Alster im Sommer mit den Segelbooten, das ist einmalig“, sagt er. Mehrmals im Jahr ist er hier, und seit Thorsten Fink Trainer beim HSV ist, eher noch häufiger. Beide sind seit gemeinsamen Zeiten bei den Bayern befreundet. „Thorsten war schon als Spieler ein Denker, der sich damit beschäftigte, wie die Mannschaft funktioniert“, erklärt Salihamidzic. „Er hat in schweren Zeiten einen guten Job gemacht und den HSV unten rausgeholt.“ Deshalb ist er überzeugt, dass Fink wieder die Wende gelingt.

Dass Abstiegskampf und Mittelmaß nicht der Anspruch für den HSV sein kann, findet auch der Ex-Profi: „Hamburg hat durch die Stadt, das Stadion, die Fans und das wirtschaftliche Umfeld eigentlich das Potenzial für die Champions League.“ Doch seit seinem Weggang vor 15 Jahren hat sich „nicht viel geändert, auch wir haben mal um Platz zwei und im Jahr drauf gegen den Abstieg gespielt.“ Für Erfolg – und das sagt er ganz neutral –brauche man eine gesunde Struktur und Kontinuität im Vorstand: „Bei den Bayern arbeiten seit Jahren drei Leute, die sich gut verstehen. In Dortmund ist es ähnlich. Das müsste Vorbild für alle sein.“ Mehr sagt er nicht. Bei den Bayern ist er ja ohnehin näher dran, deren Dominanz ihn auch dieses Jahr freuen würde, „auch wenn es für die Liga nicht gut wäre“. Probleme im Luxuskader der Münchner erwartet er nicht: „Die haben 60 Spiele, da kommt jeder zum Einsatz. Wenn sie erfolgreich sind, muss jeder seine Klappe halten. Das war immer so.“

Und was macht Brazzo heute? Er spielt Golf, läuft regelmäßig, geht ins Fitnessstudio, kümmert sich um die sieben, zehn und zwölf Jahre alten Kinder, denen er nach der letzten aktiven Station in Wolfsburg auch keinen weiteren Umzug zumuten wollte. Trainer? „Dafür ist die Profikarriere noch nicht lange genug her.“ TV-Experte, das ist möglich. Er sucht noch nach seiner Zukunft. Aber „Brazzo“ wird seinen Weg schon gehen, so wie er immer getan hat, seit er damals als 15-Jähriger ohne Eltern nach Hamburg kam. Zielstrebig und ehrgeizig - aber immer mit diesem spitzbübischen Lächeln.