Vor dem Bundesligauftakt gegen den HSV spricht Verteidiger Felipe Santana über Club-Rivalitäten, Hamburger Wechselgelüste und das Vorhaben, deutscher Staatsbürger zu werden.

Gelsenkirchen. Als letzte Teams starten der HSV und Schalke am Sonntag (17.30) in die Saison. Erstmals wird Felipe Santana in der Liga in Blau-Weiß statt in Schwarz-Gelb auflaufen.

Hamburger Abendblatt: Herr Santana, hat man Sie einer Gehirnwäsche unterzogen?

Felipe Santana: Wie kommen Sie denn darauf?

Ihr Kollege Julian Draxler sagte gerade, dass er nur nach einer Gehirnwäsche von Schalke zum BVB wechseln könnte. Sie haben den umgekehrten Weg gewählt.

Santana: Na ja, das kann man nicht so ganz vergleichen. Julian ist ein echter Schalker Junge, der aus der eigenen Jugend kommt. Da ist dann ein Wechsel zum Lokalrivalen nicht einfach. Ich habe zwar auch lange in Dortmund gespielt, bin aber kein Ur-Borusse.

Aber nach Ihrem Last-Minute-Tor im Champions-League-Viertelfinale gegen Málaga sind Sie zumindest so etwas wie eine Dortmunder Legende. Können Sie da ein echter Schalker werden?

Santana: Das hoffe ich. Natürlich werde ich auf die Rivalität angesprochen, aber das macht mir eigentlich nichts aus. Ich habe Dortmund unglaublich viel zu verdanken, aber jetzt freue ich mich eben auf Schalke. So wirklich komisch wird es für mich wahrscheinlich nur vor dem 26. Oktober, wenn beide Teams gegeneinander spielen. Und auch wenn das die Fans vielleicht gar nicht so gerne hören, aber es gibt ja durchaus Parallelen zwischen Dortmund und Schalke. Beides sind großartige Traditionsvereine, die auch in dieser Saison ganz vorne mitspielen werden. Wirklich unterschiedlich sind nur die Farben: Blau-Weiß und Schwarz-Gelb.

Ist in Brasilien ein Wechsel von einem Erzrivalen zum anderen leichter?

Santana: Im Gegenteil. Gerade erst ist Ganso von Santos zu São Paulo gegangen. Da war unter den Fans aber einiges los. Und auch Thiago Neves, den ihr aus Hamburg ja noch kennen müsstet, ist im vergangenen Jahr von Flamengo zu Fluminense gewechselt. Auch da gab es nicht nur nette Kommentare.

Gab es bei Ihnen Anfeindungen?

Santana: Im Internet gab es natürlich ein paar Kommentare. Von Schalker Seite wurde ich aber sehr freundlich begrüßt, und auch die Dortmunder scheinen mir meinen Wechsel nicht wirklich übel zu nehmen. Gerade erst letzte Woche war ich dreimal in Dortmund und hatte dabei keine Probleme.

Aber Sie sind nicht etwa in Ihrem Haus in Dortmund wohnen geblieben?

Santana: Man sollte es nicht übertreiben. Ich wohne jetzt in Düsseldorf.

Sie hätten ja aber auch statt zu Schalke zum HSV wechseln können.

Santana: Das stimmt. Ich habe vom HSV-Interesse gehört, allerdings hatte ich keine konkreten Gespräche mit dem HSV. Mein Berater hat sich alles angehört, und Schalke war dann eben die beste Option für mich.

Trainer Fink gilt als großer Fan von Ihnen und soll Sie letzte Saison und auch diesen Sommer umgarnt haben.

Santana: Dann hat er wahrscheinlich meinen Berater umgarnt. Wir haben uns immer nur nett begrüßt, wenn wir uns beim Spiel getroffen haben. Aber natürlich freut es mich, dass er offenbar meine Qualitäten schätzt. Der HSV ist jedenfalls keine schlechte Adresse.

HSV-Vorstandschef Carl Jarchow hat sogar gesagt, dass Schalke und der HSV auf Augenhöhe seien. Sehen Sie das denn ähnlich?

Santana: Puh, was soll ich da jetzt sagen? Die Bayern spielen wohl in einer Liga für sich, aber dahinter wird es zwischen einigen Teams eng. Dortmund ist dabei, Leverkusen, wir natürlich und vielleicht auch der HSV.

Können Sie sich denn an Ihr letztes Duell mit dem HSV erinnern?

Santana: Leider schon. Mit Dortmund haben wir zu Hause gegen den HSV verloren. 2:4 oder 1:4, oder?

1:4. Damals spielten Sie in der ersten Elf beim BVB. Am Sonntag könnten Sie dagegen nur auf der Bank sitzen.

Santana: Das kann schon passieren. Aber natürlich will ich mich hier so schnell wie möglich durchsetzen ...

… weil Sie noch immer auf die Heim-WM in Brasilien hoffen?

Santana: Das ist ein großer Traum von mir, auch wenn es wohl schwer wird.

Stimmt es eigentlich, dass Sie sich um die deutsche Staatsangehörigkeit bemühen?

Santana: Das stimmt tatsächlich, hat aber nichts mit der Nationalmannschaft zu tun. Ich fühle mich nur sehr wohl in Deutschland, würde mir auch überlegen, nach meiner Karriere hierzubleiben.

Dann zum Schluss eine Frage, die sicher beim Einbürgerungstest gestellt wird: Wer war erster Bundeskanzler?

Santana: Das ist gemein, ich habe ja noch gar nicht gelernt.

Adenauer.

Santana: Das werde ich mir merken, wobei Sie bestimmt auch nicht wissen, wer erster Staatspräsident von Brasilien war.