Der HSV-Sportchef wird seine Ladenhüter Tesche, Kacar, Mancienne, Rajkovic und Scharner nicht los - obwohl er sogar bereit ist, Abfindungen zu zahlen.

Klagenfurt. Oliver Kreuzer sieht gut aus. Brauner Teint, Dreitagebart, entspanntes Lächeln. Die österreichische Sonne der vergangenen Tage hat dem HSV-Sportchef offenbar gutgetan. Nur sein Handy, das Kreuzer zu keinem Moment aus der Hand legt, verrät beim Gespräch auf der Hotelterrasse, dass auch bei blauem Himmel und 28 Grad im Schatten keine echte Urlaubsstimmung im HSV-Trainingslager aufkommen kann.

„Über zu wenig Arbeit kann ich mich nun wirklich nicht beschweren“, sagt Kreuzer, der wegen eines ausführlichen Gesprächs mit dem Mannschaftsrat eine halbe Stunde zu spät kommt. Ob es etwas Wichtiges zu besprechen gab? Nein, nur ein paar grundlegende Dinge. Die Stimmung sei gut, das Trainingslager erfolgreich. Und trotzdem hätte er noch mal darauf hinweisen wollen, dass sich der HSV auch beim Telekom-Cup am Wochenende in Gladbach gegen Bayern und möglicherweise Dortmund gut präsentieren müsse. „So ein Testspiel wie gegen Innsbruck darf kein zweites Mal vorkommen“, grantelt der 47-Jährige, dem die Rolle des Motzkis zu gefallen scheint.

Weniger gefallen dürfte Kreuzer, dass sich die von ihm und Trainer Thorsten Fink aufgestellte Streichliste (Robert Tesche, Gojko Kacar, Michael Mancienne, Slobodan Rajkovic und Paul Scharner) einfach nicht abarbeiten lässt. „Ganz mühsam ernährt sich das Eichhörnchen“, sagt der Manager, der gute Miene zum bösen Spiel macht. Beim einen oder anderen würde sich langsam etwas bewegen, man bräuchte nur ein wenig Geduld. So habe Rajkovic zwei Anfragen aus Osteuropa, Interessenten aus England, Frankreich und Spanien hätten sich nach Mancienne erkundigt, und auch Scharner, über den der FC Augsburg nachgedacht hat, würde sich endlich mit einem möglichen Wechsel beschäftigen. Mit dessen Berater Valentin Hobel hatte Kreuzer am Vorabend an gleicher Stelle im Hotel Seepark zusammengesessen.

Hohe Ablöse für Kacar unwahrscheinlich

Eine echte Entwicklung gibt es derzeit lediglich bei Gojko Kacar zu vermelden, der seit Tagen von Alexander Asimow, Rubin Kasans Deutschland-Scout, beim U23-Training in Ochsenzoll beobachtet wird. „Ich weiß von dem Interesse, und Gojko weiß es auch“, sagt Kreuzer, der nur zu gerne mit den neureichen Klubbesitzern aus Kasan ins Geschäft kommen würde. Eine hohe Ablöse dürfte Kreuzer für den ausgemusterten Serben allerdings nicht erwarten. „Wir wissen, dass Gojko zu haben ist“, sagt Asimow dem Abendblatt, und ergänzt umgehend: „Aber Gojko ist noch nicht in der Form, die er für Kasan bräuchte.“

Kacar selbst könnte sich einen Wechsel nach Russland durchaus vorstellen. „Rubin wäre eine gute Option. Für mich wäre ein Wechsel sehr reizvoll, weil Rubin eine Mannschaft hat, die jedes Jahr international dabei ist“, sagt Kacar dem Abendblatt. „Ich selbst habe mit noch niemandem gesprochen, aber mein Berater wird das in den nächsten Tagen machen.“

Und genau das könnte das Problem sein. Schon Kreuzers Vorgänger Frank Arnesen tat sich im Winter schwer damit, den Serben trotz eines lukrativen Angebots abzugeben. Hannover 96 hatte dem HSV im Januar 1,8 Millionen Euro für den Mittelfeldmann geboten, der aber auf einer stattlichen Abfindung beharrt haben soll. Arnesen bot Kacar, der sich zuvor grundlegend mit Hannover geeinigt hatte, 500.000 Euro. Als aber Kacars Berater und Onkel Milan von Hannover in der letzten Verhandlungsrunde zusätzliche 10.000 Euro im Monat Grundgehalt gefordert haben soll, platzte der Transfer. Arnesen hätte den Deal wohl noch retten können, wenn er die Abfindung auf 800.000 Euro erhöht und somit am Ende immer noch einen Gewinn von rund einer Million Euro gemacht hätte. Dazu war der HSV damals allerdings nicht bereit.

Überreden mit einer Abfindung

Ein halbes Jahr später scheint sich Arnesen-Nachfolger Kreuzer damit abgefunden zu haben, dass er seine teuren Streichkandidaten notfalls nur mit einer Abfindung zu einem Wechsel überreden kann. So musste schon Stürmer Marcus Berg, der vor wenigen Tagen ablösefrei nach Griechenland zu Panathinaikos Athen gewechselt ist, mit einem sechsstelligen Betrag zu dem Transfer bewegt werden.

Und auch Robert Tesche, dessen angedachter Wechsel nach Spanien geplatzt zu sein scheint, darf sich gegebenenfalls auf eine Zusatzzahlung freuen. „Wir haben nichts zu verschenken“, sagt Kreuzer zwar, schränkt aber ein: „Wir müssen das in jedem Einzelfall prüfen. Am wichtigsten ist, dass wir eine Lösung finden. Wenn ein neuer Verein mit Ach und Krach Roberts Gehalt zahlen kann, denn wäre ich schon froh, wenn wir ihm eben nichts mehr dazugeben müssten.“ Insgesamt drei Millionen Euro hatte der HSV-Aufsichtsrat für derartige Sonderzahlungen freigegeben.

Alles in allem bleiben Kreuzers Hauptziele aber natürlich, selbst mit Abfindungen noch Ablösegelder zu akquirieren und den Gehaltsetat auf unter 40 Millionen Euro einzukürzen. Gelingt das, soll im nächsten Schritt die erhoffte Offensivverstärkung verpflichtet werden. „Es bleibt dabei, dass wir diesen einen Stürmer holen wollen“, sagt der Manager, der nach der Absage seines Wunsch-Torjägers Roque Santa Cruz noch immer eine Liste mit einem Dutzend Kandidaten parat hat. „Richtig konkret können wir aber erst werden, wenn wir handlungsfähig sind“, sagt Kreuzer, der sich am letzten Tag des Trainingslagers seine gute Laune aber nicht durch die fragwürdige und vor allem teure Transferpolitik der vergangenen Jahre verderben lassen will: „Beunruhigt wäre ich erst, wenn wir heute den 20. August hätten.“

Bis zu diesem Termin hat er unabhängig vom Wetter vor allem eines: ganz viel Arbeit.