Unter Trainer Thorsten Fink ist der Kroate ein Kandidat für einen Stammplatz beim HSV – wenn er gesund bleibt. Der Gedanke, Hamburg den Rücken zu kehren, ist Ivo Ilicevic noch nie gekommen.

Mayrhofen/Hippach. Es ist der harmonischste Abschnitt einer Saison. Zu Beginn der Vorbereitung fangen alle Spieler bei null an, jeder sieht die Chance, sich einen Platz zu erkämpfen, alles negative Erlebte ist abgehakt. Wie bei Ivo Ilicevic, der beim HSV endlich wieder seinem Beruf nachgehen möchte.

Doch auch beim zähen 7:0-Erfolg vor 1000 Zuschauern gegen eine viertklassige Zillertal-Auswahl konnte der offensive Außenspieler noch nicht auf seiner Lieblingsposition auf der linken Seite mitwirken. Stattdessen kickte er nur in der Halbzeitpause ein wenig mit Torwart Jaroslav Drobny, nachdem er zuvor mit Athletiktrainer Markus Günther eine Laufeinheit absolviert hatte.

Auf gerade mal acht Bundesliga-Einsätze ist der technisch versierte Dribbler in der Saison 2012/13 gekommen, dabei schätzt Trainer Thorsten Fink seine Qualitäten ungemein. Als nach dem Fehlstart zu Beginn der abgelaufenen Serie mit dem 3:2 gegen Dortmund, dem 2:2 in Mönchengladbach und dem 1:0 gegen Hannover der Umschwung gelang, fiel auch Ilicevic positiv auf. Doch dann stoppte ein Muskelfaserriss früh alle Pläne. In der Rückrunde legte ihn eine langwierige Bauchmuskelzerrung lahm.

Vor dem Spiel gegen die Zillertal-Auswahl erzählte Ilicevic im Mannschaftshotel, wie schwer es war, die Kollegen im HSV-Stadion auf den Trainingsplatz gehen zu sehen und nicht mitarbeiten zu dürfen. „Klar nervt das, es belastet auch“, sagt der 26-jährige Kroate. „Kleinere Verletzungen sind normal im Fußball. Aber was ich in den zwei Jahren beim HSV erlebt habe, war schon extrem.“

Denn schon in der Saison 2011/12, als er für vier Millionen Euro Ablöse aus Kaiserslautern nach Hamburg wechselte, blitzten seine Fähigkeiten viel zu selten auf, weil ihn Blessuren behinderten. Zum „krönenden Abschluss“ musste er, obwohl für die EM 2012 in Polen und in der Ukraine nominiert, kurz vor Beginn des Turniers wegen einer Wadenverletzung abreisen. „Das war mit Sicherheit die schwerste Phase meiner Karriere.“ Der Tiefpunkt – nachdem ihm vor dem Wechsel zum HSV sogar ein Angebot von Bayern München vorgelegen hatte, das der FCK aber ablehnte.

Eltern kommen oft zu Besuch

Champions-League-Sieger könnte er heute sein, Meister und Pokalsieger. Stattdessen musste er wieder und wieder bei null anfangen. Zum Glück fand Ilicevic Rückhalt bei seiner Freundin und in der Familie: „Ich bin ein extremer Familienmensch. Die Älteste meiner vier Geschwister ist gerade zu mir gezogen, weil sie in Hamburg eine Arbeit gefunden hat. Aber auch meine Eltern kommen oft.“ Und wenn ein Bruder zu Besuch ist, darf ein Duell in einem Billardsalon nicht fehlen.

Zu diesem Zeitpunkt im Trainingslager ist Ilicevic verletzungsfrei. Er fühle sich gut, sagt er, aber in seinen Worten schwingt auch Skepsis mit. Das Vertrauen in seinen Körper gewinnt man nach einer so langen Auszeit nicht in einer Woche zurück. „Man ist vorsichtig“, räumt er ein. Zumal es nach wie vor keine tiefere Ursache für die vielen, hartnäckigen Verletzungen gibt: „Meine Zähne wurden untersucht, der Rücken, die Ernährung, einfach alles. Aber man hat nicht wirklich etwas gefunden.“ Dennoch ist Ilicevic voller Tatendrang, sich beim dritten Anlauf beim HSV durchzusetzen: „Bekanntlich suche ich als offensiver Spieler oft die Eins-gegen-eins-Situationen und Abschlüsse, kann Vorlagen geben. Ich glaube schon, dass ich helfen könnte, die Effektivität vor dem Tor zu erhöhen."

Der Gedanke, den HSV wieder zu verlassen – im Winter wurde Ilicevic als Abgang gehandelt –, ist ihm noch nie gekommen, wie er betont: „Vom Verein kam immer nur die Rückmeldung, dass man auf mich setzt, so wie jetzt auch. Ich will jetzt einfach zeigen, was ich kann. Das bin ich dem Verein schuldig.“

Fink wird es mit Freude vernehmen. Schließlich ist Ilicevic der Favorit auf einen Stammplatz auf der linken Mittelfeld-Position – sofern er denn wirklich gesund bleibt. Und Ilicevic ist sich der Wertschätzung bewusst: „Es ist schön zu wissen, dass der Trainer auf einen baut. Das machte es für mich ein klein wenig einfacher.“ Aber es ist nur zu verständlich, dass sich Ilicevic jetzt kleinere Ziele setzt: „Ich möchte nach dieser schweren Zeit gesund und fit bleiben. Der Rest kommt von alleine.“ Zum Beispiel? „Mich bei diesem großen Club durchzusetzen und mit dem HSV international zu spielen. Ich habe noch zwei Jahre Zeit, meinen selbst gestellten Auftrag zu erfüllen.“

HSV gegen Zillertal-Auswahl: Stritzel – Diekmeier (46. Mancienne), Tah (46. Westermann), Scharner , Rajkovic (60. Jansen) – Rincon (46. Badelj), Demirbay (46. Sala) – Nafiu, Arslan (46. Skjelbred), Jiracek (46. Steinmann) – Rudnevs (46. Beister). Tore: 1:0 Nafiu (9.), 2:0 Arslan (25.), 3:0, 6:0, 7:0 Beister (51., 87., 89.), 4:0, 5:0 Sala (66., 70.).