Der HSV-Trainer fordert im Spiel gegen Freiburg mehr Aggressivität und baut die Mannschaft um. Die lauten Worte zeigen Wirkung.

Hamburg. "Mehr Leben! Mehr Leben!" Thorsten Fink spornt seine Mannschaft an, als sie es im Training für fünf Minuten ruhiger angehen lässt. Die lauten Worte des HSV-Trainers zeigen Wirkung, sofort verschärft das Team die Gangart. Mangelnde Einsatzfreude und Aggressivität kann der Mannschaft bei der Übungseinheit am Donnerstag auch niemand vorwerfen, doch gelingen will nicht viel (siehe Trainingsprotokoll). "Am Sonnabend gehen die Bälle dafür rein", baut Fink seine Stürmer auf, als diese zum wiederholten Male im Abschuss versagen.

Denn am Sonnabend kommt der SC Freiburg in die Imtech-Arena (18.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) - und damit die Chance, die 2:9-Niederlage in München beiseite zu schieben. Vergessen machen kann diese Schmach wohl auch ein Sieg gegen die Breisgauer nicht, aber drei Punkte könnten zumindest das Bewusstsein zurückbringen, gegen einen Konkurrenten im Kampf um die Europapokalplätze bestehen zu können.

Denn so ist es nun mal - angesichts von nur einem Punkt Rückstand auf Platz sechs hat sich am Ziel der Hamburger nichts verändert, auch wenn die letzten Heimspiele gegen Fürth (1:1) und Augsburg (0:1), vom Bayern-Spiel ganz zu schweigen, nur wenig Anlass zur Hoffnung geben, im kommenden Jahr tatsächlich europäisch zu spielen. Doch Fink, der auf einer Pressekonferenz vor einer Begegnung selten so angespannt und barsch auftrat wie am Donnerstag, will das Vergangene in der Vergangenheit belassen. "Wir haben noch sieben Spiele und damit die Möglichkeit, die Saison positiv enden zu lassen", sagte der Coach. Das 2:9 sei ein "Weckruf für die Zukunft" gewesen, und diese Zukunft könne durchaus fruchtbar sein: "Wenn mein Team das spielt, was es kann, nicht mehr und nicht weniger, dann hat es große Chancen, gegen Freiburg zu gewinnen."

Da stellt sich die Frage, wie Fink es bis zum Anpfiff bewerkstelligen will, seine Profis wieder auf ein Niveau zu bringen, das höheren Ansprüchen genügt. Die Verunsicherung im Team habe auch der Fußballlehrer bemerkt, das Selbstvertrauen müsse es sich eben wieder erarbeiten. Es bringe jedoch nichts, so der Trainer, die Spieler öffentlich zusammenzustauchen. Intern wurde dagegen durchaus "Tacheles" geredet. Mangelnde Aggressivität sei die Hauptursache für das Desaster beim Rekordmeister gewesen, ergab die Analyse, und diese Aggressivität fordert der Trainer nun mehr ein als je zuvor. Teamwork sei gefragt, um die Freiburger "niederzukämpfen". Linksverteidiger Marcell Jansen, der nach Ablauf seiner Gelbsperre wieder ins Team rückt, sieht diese Forderungen bereits umgesetzt. "Die Intensität in dieser Woche war hoch, es ging ganz schön zur Sache. Wir hatten vorher einen kleinen Schlendrian in der Mannschaft."

Um diesen auszutreiben, wird die Elf im Vergleich zum Bayern-Spiel ein anderes Gesicht haben: Michael Mancienne ersetzt den formschwachen Jeffrey Bruma in der Innenverteidigung, für Tolgay Arslan machen Tomas Rincon und Milan Badelj im defensiven Mittelfeld Platz, vorne kehrt Fink zu seiner Variante mit zwei Angreifern zurück - Heung Min Son und Artjoms Rudnevs, andere Stürmer stehen ihm nicht zur Verfügung. "Wir wollen das Spiel machen, wollen Tore schießen, und ich muss sehen, dass wir unsere Angreifer mehr ins Spiel einbeziehen. Das scheint mir die beste Option für den Gegner", erklärt Fink seine Überlegungen. Der nach überstandener Magen-Darm-Grippe wieder gesunde Petr Jiracek sitzt wohl erneut nur auf der Bank. Fink scheint für ihn keinen Platz in der Mannschaft zu finden, egal mit welchem System er spielen lässt.

So ruhen die Hoffnungen der Fans, die in überraschend großer Zahl erwartet werden, in erster Linie auf einer "Jetzt erst recht"-Reaktion. Diese befürchtet auch Freiburgs Trainer Christian Streich. Er warnte seine Schützlinge davor, dass der angeschlagene HSV gegen den Sportclub mit allen Mitteln die Wende einleiten will. "Sie werden mit Wut und Wucht ins Spiel gehen."

Das kann auch Jansen nur bestätigen. Zwar seien jetzt vor allem die Führungsspieler gefordert, doch der Nationalspieler sieht jeden einzelnen Profi in der Pflicht: "Mir musste früher keiner erklären, dass ich als junger Spieler Gas gebe und einfach mal das Maul halte. Die Älteren können den anderen nicht immer den Hintern pudern - das muss von ihnen selbst kommen."