HSV-Regisseur Rafael van der Vaart überzeugt im Duell mit dem Rekordmeister fast immer. Petr Jiracek ersetzt den gesperrten Marcell Jansen.

Hamburg. Seine Rolle beim HSV ist unumstritten. Wenn Rafael van der Vaart fit ist, spielt er auch. Diesen Status haben vielleicht noch zwei, drei andere Spieler beim nördlichsten Bundesligaclub, doch beim Blick auf die puren Fakten wird die Bedeutung des Regisseurs für seinen Verein deutlich: In den sieben Spielen ohne ihn holten die Hamburger nur sieben Punkte, mit ihm war die Bilanz mit 31 Zählern aus 19 Partien deutlich besser. Nun steht am Sonnabend (18.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) die Reise zum unangefochtenen Tabellenführer Bayern München an - und ausgerechnet dort hat van der Vaart im HSV-Trikot noch nie verloren. Dreimal trat er beim Rekordmeister an, holte ein Remis und zwei Siege. "Wenn wir genauso spielen wie gegen Dortmund und die Bayern einen schlechten Tag haben, wird diese Serie auch Bestand haben", sagt der Niederländer.

Die vergangenen Länderspieleinsätze gegen Estland und Rumänien dürften van der Vaart weiter Rückenwind verschaffen. In beiden Begegnungen der WM-Qualifikation erzielte er den Führungstreffer und erhielt gute Kritiken für seine Auftritte. Auch Trainer Thorsten Fink ist überzeugt von der derzeitigen Klasse seines Schützlings: "Rafa ist hervorragend drauf, wieder in Topform. Er hat viel Selbstvertrauen, das wird man in München sehen."

Van der Vaart selbst fühlte sich am Mittwoch noch ein wenig müde, schließlich hatte er die Woche zuvor mit einer Grippe zu kämpfen gehabt. Doch die Erinnerung an vergangene Erfolge in der süddeutschen Metropole lässt ihn entspannt auf die kommende Aufgabe blicken. "Mein schönster Moment war sicherlich das Tor gegen Oliver Kahn in der Saison 2006/07, als wir nach dem Rückstand noch 2:1 gewonnen haben", schwärmt der Mittelfeldakteur. Eine Vorlage von Juan Pablo Sorin verwandelte van der Vaart damals per Direktabnahme aus 20 Metern.

Sein Gefühl für einen erneuten Treffer sei gut: "Ich gehe davon aus, dass ich auch am Sonnabend ein Tor schieße." Van der Vaart ist überhaupt der einzige HSV-Spieler mit einer positiven Bundesliga-Bilanz gegen die Bayern. Zudem gelangen ihm bereits drei Treffer gegen den Liga-Krösus. Gegen kein Team aus der deutschen Eliteklasse war er erfolgreicher, ergab die Castrol EDGE Analyse. Kein Wunder, dass der Niederländer selbst schon bei den Bayern im Gespräch war. Der damalige Manager Uli Hoeneß bekannte, dass man sich mit dem Thema van der Vaart bereits vor dessen Wechsel vom HSV zu Real Madrid im Jahr 2008 beschäftigt habe. Doch so richtig konkret wurde es nie. "Das wurde eher von den Medien hochgepusht", sagt van der Vaart.

So schön seine persönliche Vergangenheit gegen die Bayern auch sei, die unmittelbare Zukunft beschäftigt den 30-Jährigen mehr. Er glaube nicht an einen Vorteil für sein Team, da der kommende Gegner schon am Dienstag in der Champions League gegen den italienischen Meister Juventus Turin antreten muss. "Dafür ist der Kader zu ausgeglichen, selbst wenn Trainer Jupp Heynckes den einen oder anderen Profi schonen will." Um in München bestehen zu können, müsse man sich vielmehr auf sich selbst konzentrieren und sehr aggressiv spielen. Van der Vaart selbst kann auch hier als Vorbild dienen: Im Schnitt bestreitet er alle neun Minuten einen Zweikampf, gegen die Bayern waren es bisher alle sechs.

Doch van der Vaart wird einen möglichen Überraschungserfolg nicht alleine herausschießen können. Wer ihm konkret dabei helfen soll, wollte Fink noch nicht verraten. "Bis Freitag halte ich mir die Aufstellung offen." Klar ist aber, dass Petr Jiracek den gesperrten Marcell Jansen als Linksverteidiger vertreten wird und Jeffrey Bruma trotz durchwachsener Leistungen in der Innenverteidigung bleibt. Ob der Coach an zwei defensiven Mittelfeldspielern festhält, hängt in erster Linie vom Fitnesszustand des Venezolaners Tomas Rincon ab, der erst an diesem Donnerstag von seiner Länderspielreise aus Südamerika zurückkehrt. Auch die Option mit Heung Min Son als zweitem Angreifer neben Artjoms Rudnevs sei durchaus denkbar.

"Wir wollen frech spielen, nicht nur verteidigen. Nach der letzten Länderspielpause haben wir den BVB besiegt - das sollte doch ein gutes Omen sein", hofft Fink, der als HSV-Trainer das erste Mal auf der Trainerbank in der Allianz-Arena Platz nimmt.

Zu guter Letzt gibt es für Fink noch eine Resthoffnung, die auf die vielleicht nicht so ausgeprägte Motivation der Bayern abzielt. Schließlich könnten die Gastgeber im Falle eines Sieges schon zum Bundesliga-Champion gekürt werden, sollte Borussia Dortmund beim VfB Stuttgart eine Stunde zuvor patzen. Doch nachdem die Vereinsoberen ein offizielles "Bierverbot" anlässlich des nahenden Turin-Spiels ausgesprochen haben, könnte der Titelgewinn zu einem späteren Zeitpunkt eine fröhlichere Meisterfeier ermöglichen.