Nach dem 1:5 in Hannover fordert HSV-Trainer Fink gegen Fürth ein weiteres Mal eine deutliche Reaktion. Beister von Anfang an.

Hamburg. Viel bessere Laune hätte Thorsten Fink am Freitag wahrscheinlich nicht haben können, als er sich mittags vor dem Abschlusstraining von einem Freund am Stadion hat absetzen lassen. Der Himmel war blau, die Sonne schien, und auch der 45-Jährige strahlte frühlingshaft. "Einen wunderschönen Tag", wünschte Fink in die Runde, unterschrieb ein paar Autogramme und machte seine Späßchen mit den wartenden Journalisten. Was für ein Spiel er am Sonnabend gegen Greuther Fürth (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) erwarte, wollte ein Reporter wissen. "Hm", antwortete Fink, "Fürth wird das Stadion wahrscheinlich nicht im Sturm erobern. Ich gehe mal davon aus, dass wir 60 bis 65 Prozent Ballbesitz haben werden. Diese Statistik können Sie schon heute in Ihrer Zeitung veröffentlichen."

Knapp eine Woche zuvor waren Finks Frühlingsgefühle noch mitten im Winterschlaf. Direkt nach der enttäuschenden 1:5-Niederlage in Hannover hatte er seine Erwartungshaltung für das Heimspiel gegen Fürth unmissverständlich und deutlicher denn je zuvor kommuniziert: "Ich brauche jetzt niemanden aufzurichten, sondern ich will eher den Druck erhöhen. Ich erwarte eine Reaktion meiner Mannschaft." Untermauert hatte der Coach seine fordernden Worte mit mehreren Maßnahmen: Am Tag nach dem 1:5 in Hannover nahm sich Fink Zeit für eine ausführliche Einzelkritik vor versammelter Mannschaft, anschließend wurde der trainingsfreie Montag gestrichen. "Ich denke, dass wir die richtigen Worte gefunden haben. Das Team brennt", sagte Fink, der seine Mannschaft nicht zum ersten Mal aufrichten musste.

Fink will diesmal genau hinschauen, ob jeder Vollgas gibt

Seitdem der Wahl-Eppendorfer Trainer beim HSV ist, hat seine Mannschaft schon vor der 1:5-Pleite in Hannover dreimal mit mindestens vier Toren Unterschied verloren. Die geforderte Wiedergutmachung klappte dabei aber nur in zwei Fällen. Nach der besonders enttäuschenden 0:4-Niederlage gegen Hoffenheim mitten im Abstiegskampf im April letzten Jahres trieb der Fußballlehrer seine Mannschaft nur drei Tage später zu einem überlebenswichtigen 1:0-Sieg gegen Hannover an. Ähnlich lief es drei Monate zuvor nach einem desaströsen 1:5 gegen Dortmund, als der HSV im Spiel danach die geforderte Reaktion gegen Hertha BSC zeigen konnte und mit 2:1 in Berlin gewann. Nur nach der 0:4-Heimpleite gegen Stuttgart vor exakt einem Jahr sollte die Operation Wiedergutmachung nicht gelingen. Der HSV verlor eine Woche später erneut, diesmal gegen Schalke mit 1:3.

"Die Jungs bekommen eine Chance, sich neu zu bewähren", sagt Fink, der bis auf eine Ausnahme - Maxi Beister rückt für Per Skjelbred in die Startelf - gegen Fürth die gleiche Mannschaft wie in Hannover spielen lassen will. Nur die Ausrichtung soll diesmal eine ganz andere sein: "Ich schaue genau hin, ob jeder Vollgas gibt. Man muss einfach heiß sein, wenn man genau hinschaut, wo wir gerade stehen." Tatsächlich kann der HSV trotz der 1:5-Niederlage mit einem Sieg gegen Fürth den begehrten sechsten Platz festigen - und die europäischen Ambitionen, die niemand aussprechen soll, untermauern.

Die europäischen Träumereien des HSV zu gerne beenden will Fürths Interimstrainer Ludwig Preis, der zum zweiten Mal in Folge auf der Bank für den entlassenen Mike Büskens Platz nehmen wird. "Wir wollen den HSV ein bisschen ärgern", sagt der Coach, der sich aber selbst bei einem Sieg keine Hoffnungen auf ein Dauerengagement als Cheftrainer bei den Franken machen darf. Das Problem: Preis hat keinen Fußballlehrerschein, darf deswegen offiziell keine Bundesligamannschaft übernehmen.

Neben dem Fürther Interimstrainer dürfte am Sonnabend aber besonders auch Hamburgs Torhüter René Adler in den Fokus rücken, der seine Fehler vom vergangenen Wochenende unbedingt wettmachen will. "95 Prozent Leistung reichen nicht. Alle müssen sich hinterfragen, ob sie alles gegeben haben", sagte der Keeper, der gegen den Tabellenletzten wohl nur wenige Chancen zur Wiedergutmachung erhalten wird, diese aber umso konsequenter nutzen will. Ähnliches gilt auch für die in Hannover indisponierten Innenverteidiger Heiko Westermann und Slobodan Rajkovic, die gegen die Franken nicht nur sicherer stehen müssen, sondern sich gegen das zu erwartende Bollwerk auch aktiv am Spielaufbau beteiligen sollen.

Fink will den defensivstarken Aufsteiger mit der wohl offensivsten Aufstellung der gesamten Saison bekämpfen. "Gegen so kompakt stehende Mannschaften wie Fürth darf man nicht nur mit voller Kraft voraus anrennen, man muss vor allem taktisch diszipliniert spielen", sagt der Coach, "wir müssen geduldig nach freien Räumen suchen und an unsere individuelle Klasse glauben." Vor dem offensiv ausgerichteten Milan Badelj, der ebenfalls auf Bewährung spielt, setzt Fink auf Dennis Aogo (links) und Heung Min Son, der rechts im Mittelfeld mehr Druck nach vorne als zuletzt Per Skjelbred machen soll. Ganz vorne soll Rafael van der Vaart Torjäger Artjoms Rudnevs und erstmals seit drei Monaten wieder von Anfang an Maximilian Beister mit Pässen füttern.

"Maxi ist saugefährlich, er ist explosiv und er hat lange auf seine Chance gewartet", sagt Fink, der seinen Angreifer bis dahin noch gar nicht über dessen Startelf-Comeback informiert hatte. "Wenn ich wirklich spiele, dann will ich meine Chance unbedingt nutzen", sagte Beister, und ergänzte etwas derb: "Ich will mir den Arsch für die Mannschaft aufreißen."

Neben Beisters unbestrittener Torgefahr freut man sich beim HSV auch über dessen zusätzliche Glücksbringerfähigkeiten gegen Fürth. Viermal musste der 22 Jahre alte Angreifer bereits gegen die Franken antreten, hat dabei kein einziges Spiel verloren, zwei Treffer selbst erzielt und ein Tor vorgelegt. "Zum Fürth-Schreck reicht das aber wohl noch nicht ganz", sagte Beister grinsend. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Finks guter Laune wäre dies sicherlich zuträglich.