Torhüter Jaroslav Drobny ersetzt gegen Gladbach den verletzten René Adler. Und der Spaßvogel will ganz im Ernst beim HSV bleiben.

Hamburg. Als Jaroslav Drobny am Donnerstag nach dem Vormittagstraining zurück in die Kabine wollte, überließ der medienscheue Torhüter des HSV nichts dem Zufall. Um den bereits wartenden Journalisten aus dem Weg zu gehen, machte es sich der 1,92 Meter große und 90 Kilo schwere Keeper zwischen Mannschaftsarzt Wolfgang Schillings und Physiotherapeut Stefan Kliche auf dem winzigen Golfcart der medizinischen Abteilung gemütlich, ließ sich im Eiltempo an den Medienvertretern vorbei zurück in den Kabinentrakt des Stadions kutschieren. Er habe nichts zu sagen, ließ der wortkarge Tscheche lediglich ausrichten.

Wegen einer Bauchmuskelzerrung muss René Adler einige Tage pausieren

Ganz so einfach dürfte es sich Drobny am Sonnabend nach dem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) allerdings nicht machen. Denn anders als sonst, als der Ersatztorhüter sämtliche Anfragen mit dem Hinweis abwehren konnte, dass er doch gar nicht gespielt habe, wird diese Ausrede am Wochenende definitiv überholt sein. "Jaroslav Drobny wird auf jeden Fall für René Adler spielen", legte sich Trainer Thorsten Fink fest. Bei Stammtorhüter Adler, der seit Tagen an einer hartnäckigen Bauchmuskelzerrung leidet, wolle man kein unnötiges Risiko eingehen, sagte Fink, der schnell ergänzte, Drobny zu hundert Prozent zu vertrauen. Als Ersatz vom Ersatz soll sich Routinier Sven Neuhaus, 34, gegen die Borussia auf die Bank setzen.

"Drobo hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass er genug Erfahrung für so eine Situation hat. Er fängt jetzt nicht an zu zittern, hat gute Nerven", lobte Fink, der zudem daran erinnerte, dass der 33-Jährige eine überdurchschnittlich gute Vorsaison gespielt habe. Und tatsächlich gehörte Drobny in der Rückrunde der vergangenen Spielzeit zu den wenigen Leistungsträgern, die beim HSV zu gefallen wussten. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass eben jener Drobny ein halbes Jahr zuvor derart häufig gepatzt hatte, dass sich Sportchef Frank Arnesen quasi gezwungen sah, sich auf dem Transfermarkt umzuschauen. "Wir haben nie ein falsches Spiel gespielt", betonte Fink, "Drobo hat seinen Status als Nummer zwei hinter René akzeptiert, weil er früh genug Bescheid wusste."

Unerwähnt blieb bei der ganzen Lobhudelei auf der offiziellen Spieltagspressekonferenz allerdings, dass der HSV noch im Sommer alle Hebel in Bewegung gesetzt hatte, den mit 1,7 Millionen Euro bestverdienenden Ersatztorhüter der Liga zu verkaufen. Kein Geheimnis ist es, dass es eine ernsthafte Anfrage für Drobny vom FC Bayern München gab, über dessen weiteren Verlauf in Hamburg und München allerdings zwei unterschiedliche Geschichten erzählt werden. Die Hamburger Version: Bayern habe angefragt, sich dann aber für den Ex-Hoffenheimer Tom Starke entschieden. Die Münchner Version: Sportchef Arnesen habe eine Millionensumme als Ablöse für Ladenhüter Drobny verlangt, weswegen Bayerns Verantwortliche von weiteren Verhandlungen Abstand nahmen. Lediglich das Ende der Geschichte ist jeweils das Gleiche: Top-Verdiener Drobny blieb zwar in Hamburg, verzichtete aber trotz seiner Enttäuschung darauf, Theater zu machen. "Er hat sich voll in den Dienst der Mannschaft gestellt, hat René immer unterstützt", lobte Fink.

Kurioserweise gibt es schon längst nicht mehr den Plan, Drobny zu verkaufen, sondern ganz im Gegenteil, den im Sommer auslaufenden Vertrag des Keepers sogar zu verlängern - natürlich zu entsprechend angepassten Konditionen. "Wir führen mit ihm Gespräche", bestätigte Fink, der Drobny gern zu geringeren Bezügen langfristig als Adler-Ersatz halten will, "Jaroslav könnte sich das gut vorstellen, das hat er schon mal durchblicken lassen." Der HSV-Coach schätzt nicht nur Drobnys Torwart-Qualitäten, sondern auch dessen nach wie vor hohen Stellenwert in der Mannschaft: "Er identifiziert sich voll mit dem Verein und der Stadt, würde auch deshalb sehr gerne hierbleiben."

Und tatsächlich gilt ausgerechnet der pressescheue Ex-Berliner, der in der alten Wohnung von Landsmann David Jarolim an der Elbe wohnt, als größter Spaßvogel der Mannschaft. "Drobo ist ein richtig guter Typ. Im Rheinland würden wir im Spaß sagen: Er ist ein richtig bekloppter Tscheche", bestätigt Marcell Jansen das Gerücht von Drobnys Status als Hamburgs Kabinen-Scherzbold, "er hat immer gute Laune."

Das Wort "immer" ist selbstverständlich relativ. Sollte der HSV aber nach dem überraschenden 4:1-Sieg in Dortmund auch das Heimspiel gegen Gladbach am Sonnabend dank eines formstarken Adler-Ersatzes gewinnen, dann dürfte in der HSV-Kabine eines gewiss sein: allerbeste Drobny-Laune.